Berlin AOK: Kliniken ohne Routine sind Gefahr für Patienten

Berlin · Die Krankenhäuser in Deutschland haben Überkapazitäten und nehmen häufig Fälle an, auf die sie gar nicht spezialisiert sind. Diese Kritik ergibt sich aus dem Krankenhaus-Report des AOK-Bundesverbandes, der gestern vorgestellt wurde. "Wir müssen der Gelegenheitsbehandlung ein Ende machen", forderte Verbandschef Martin Litsch. Er verwies darauf, dass 80 Prozent der Kliniken über weniger als 500 Betten und damit auch entsprechend wenige Spezialisten verfügten. Bei komplexen Erkrankungen brauche man eine ganze Mannschaft an Spezialisten.

Vor zwei Jahren hat die Bundesregierung eine Krankenhausreform in Gang gesetzt. Bislang ist aber wenig geschehen, weil die Länder die Reform nur schleppend umsetzen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat sich zumindest für NRW auf die Fahnen geschrieben, die Kliniklandschaft effizienter zu gestalten. Die Zahl der Betten könne nicht mehr alleinige Planungsgrundlage sein, sagte Laumann. "Auch Strukturqualität und Fallzahlen müssen in die Krankenhausplanung einbezogen werden."

Dabei geht es nicht nur ums Geld. Der Gesundheitsökonom Reinhard Busse verwies darauf, dass die Sterblichkeit von Patienten in Kliniken mit geringen Fallzahlen höher sei als in Häusern mit vielen Patienten. Denn je seltener eine Klinik eine Operation macht, desto geringer sind Routine und Wissen um die Risiken. So weist das wissenschaftliche Institut der AOK nach, dass 4,3 Prozent der Patienten nach einer Operation wegen Enddarm-Krebs in Kliniken sterben, weil diese nicht die Mindestmenge an Fallzahlen erreichen. In den anderen Krankenhäusern liegt die Sterblichkeit nach einer Behandlung von Enddarm-Krebs bei nur 2,6 Prozent.

Zudem kritisiert die AOK, dass Deutschland mit seinen Krankenhaus-Fallzahlen weit über dem EU-Durchschnitt liegt. "Die hohen und steigenden stationären Fallzahlen binden auch Pflegepersonal", betonte Busse. Das schlechte Patienten-Pflegekraft-Verhältnis liege hierin begründet.

(qua)
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