Genf Autosalon stellt Internet mit 800 PS vor

Genf · Kaum erobert das Internet die Autos, muss der Bottroper Auto-Tuner Brabus auch schon wieder übertreiben. Er stellt auf dem Genfer Autosalon die vorläufige Spitze des neuen Trends vor: Ein rollendes Smartphone mit zwölf Zylindern.

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Foto: ap, Mark Lennihan

Noch schneller, noch mehr PS und noch größere Zylinder. Der technische Fortschritt des Autos ist seit 127 Jahren eher eindimensional. Entsprechend ratlos wirken inzwischen die Macher der großen Automessen: Ihnen gehen die Themen aus. Zuletzt versuchten die Shows in Frankfurt (IAA) und in Paris (Mondial) neue Akzente zu setzen. Aber ihre kopflastigen Themen "Sicherheit" und "Grünes Auto" zündeten nicht. Das überwiegend männliche Publikum will auf Automessen eben nicht denken. Es will Spaß haben.

Der Genfer Autosalon, der Donnerstag beginnt, könnte die Wende bringen. Mit dem Thema "Vernetztes Auto" hat die Branche nämlich endlich mal wieder ein neues Spaßthema entdeckt. Die digitale Revolution soll das Auto erobern. Bedeutet: So, wie ein Smartphone heute neben allerlei Hauptanwendungen unter anderem auch telefonieren kann, könnte auch im Auto der Zukunft das Fahren zur Nebensache werden.

Genf präsentiert das moderne Auto als rollendes Smartphone. Als Multi-Media-Plattform, wo die Passagiere im Fonds aufwändige Computerspiele über Hochleistungsprozessoren und faltbare Bildschirme jagen, während auf den vorderen Sitzen E-Mails diktiert und Internet-Schwätzchen gehalten werden. Dank endlich funktionierender Sprachsteuerungen auch vom Fahrersitz aus. Die Verknüpfung von Karten und sozialen Internet-Netzwerken zeigt dem Fahrer an, welche Facebook-Freunde sich gerade in der Nähe aufhalten. Über Cloud-Schnittstellen können Fahrer gleicher Modelle Verbrauchsdaten, Geschwindigkeiten und Motorstörungen miteinander vergleichen, die Autos warnen sich gegenseitig vor Glatteis und verraten sich untereinander Parklücken und Schleichwege durch den Berufsverkehr.

Ein Milliardenmarkt. Entsprechend erbittert ringen Smartphone-Hersteller wie Apple, Google und Nokia inzwischen um die Vorherrschaft im Cockpit. Schon Anfang des Jahres kündigte Google eine Kooperation mit Audi, General Motors und Hyundai an, um die Smartphone-Plattform Android auf deren Räder zu stellen. Gestern verkündete Apple den Durchbruch: Als erster deutscher Premiumhersteller hat Daimler das Apple-Betriebssystem iOS in seine eigenen Bordcomputer integriert — in Genf führen die Stuttgarter das am Beispiel der neuen C-Klasse vor. Deren Käufer können also künftig ihr iPhone ohne komplizierte Stöpsel oder Programmierungen mit dem Auto verschmelzen, es über die Tasten am Lenkrad bedienen und dessen Informationen in gewohnter Smartphone-Optik über Displays im Cockpit abrufen. Auch Volvo und Ferrari werden laut Apple die iPhones und Apple-Dienste in ihre Modelle integrieren. Daimler verlässt sich aber nicht allein auf Apple: Sobald Google ein ähnliches Angebot auf den Markt bringt, sollen Daimler-Kunden auch das Android-System nutzen können.

Der Bottroper Auto-Tuner Brabus zeigt in Genf eine spektakuläre Übertreibung des neuen Trends. Sein neues Modell "iBusiness", ein Umbau des ohnehin schon brachialen Mercedes G 65 AMG, hat er konsequent für die neue Zeit umgebaut. Das Herzstück ist ein Mac-Mini-Computer, der zusammen mit dem Apple TV-Modul und einer Endstufe im Kofferraum verbaut ist. Die Rücksitzbank wurde durch zwei Sessel ersetzt, um in der Mitte Platz für eine Multimedia-Konsole zu schaffen. Die Passagiere im Fonds haben je einen ausfahrbaren sowie klapp- und drehbaren Tisch mit Anschlüssen für die Geräte iPad Mini, iPod Touch und weitere Mac Mini. Über sie kann das Multimedia-System gesteuert und Internet-TV geschaut werden.

Außerdem ist der Tisch für den Einsatz von Tastatur und Maus optimiert. Das optische Ergebnis zeigt der Dachhimmel auf integrierten klappbaren 15,6-Zoll-Bildschirmen. Damit auch der Fahrer etwas davon hat, sind alle wesentlichen Funktionen und große Teile des Internets auch über Apples Siri-Sprachsteuerung ansteuerbar.

Der Vollständigkeit halber, und weil Genf trotz allem immer noch eine Automesse ist: Der getunte 6-Liter-V-12-Motor hat 800 PS und kann den SUV auf 270 Stundenkilometer beschleunigen. Der Koloss von Bottrop ist in 4,2 Sekunden auf Tempo 100. Ob man bei solchen Manövern noch Internet braucht?

(RP)
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