Cupertino/Seattle Apple fordert Echo von Amazon heraus

Cupertino/Seattle · So wie früher bei Digital-Uhren hinkt Apple schon wieder bei einem wichtigen Zukunftsprodukt hinterher. Trotzdem hat der iPhone-Hersteller eine große Chance, beim Geschäft mit per Sprache steuerbaren Lautsprechern vorne zu liegen.

Wofür stand Apple früher unter Firmengründer Steve Jobs? Mit iPod, iPhone und iPad wurden drei Produktkategorien nahezu komplett neu erfunden: Der erste Musikspieler mit Festplatte 2001, das erste echte Smartphone mit Apps vor zehn Jahren sowie der erste brauchbare Tablet-PC ab dem Jahr 2010.

In der Nacht zu gestern zeigte sich, wie sehr Apple bei einem der wichtigsten Produkte der Zukunft hinterherhinkt - und trotzdem noch gute Chancen für eine exzellente Marktposition hat. Auf der weltweiten Entwicklerkonferenz stellte Marketingvorstand Phil Schiller den per Stimme steuerbaren Lautsprecher Home Pod vor.

Doch das Gerät wird selbst im Heimatmarkt USA erst ab Winter verkauft, in Europa erst ab 2018. "Diese Verzögerung zeigt, dass Apple wegen des großen Erfolges von Amazons Lautsprecher Echo Druck hat", sagt dazu Holger Neinhaus, Partner der Düsseldorfer Strategieberatung SMP, "die wollen mit dem jetzt vorgeführten Modell Präsenz für ihre Fans zeigen, doch für die Massenproduktion brauchen sie noch einige Zeit."

Zweitens bestätigt sich, dass Apple noch immer ein gutes Gespür dafür hat, wie sich lukrative Märkte definieren und erobern lassen. So glänzt zwar der schon 2015 gestartete Lautsprecher Echo von Amazon durch Dutzende pfiffige Anwendungen die sich per Sprache über den digitalen Assistenten Alexa abrufen oder bedienen lassen.

Aber Apple setzt sich ab: Die Amazon-Geräte seien zwar gut vernetzt, böten aber nur schwachen Klang, lästerte Schiller. Tatsächlich unterscheidet sich der Apple-Speaker mit 2,5 Kilo Gewicht und acht eingebauten Lautsprechern deutlich vom viel günstigeren Amazon-Angebot mit nur zwei Lautsprechern und einem Gewicht von einem Kilo.

Gleichzeitig verglich Schiller die Apple-Box mit den Sonos-Boxen für drahtloses Musikhören, die zwar für tollen Klang bekannt sind, aber eben bisher keinen eigenen Sprachassistenten anbieten. "Diese Positionierung als hochwertiger Anbieter passt zur Firmenstrategie", sagt dazu Berater Neinhaus, "es gibt schon viele Leute, die sich allein aus Imagegründen gerne einen Apple-Speaker ins Wohnzimmer stellen."

Dabei entwickelt sich bei den intelligenten Lautsprechern ähnlich wie bei Smartphones ein Wettbewerb der Ökosysteme. Nutzer von iPhone und iPad können darauf vertrauen, dass ihre Geräte besonders gut mit den vom Konzern angebotenen Lautsprechern harmonieren - das alleine kann viele hundert Millionen Kunden bringen.

Die Anpassung des Sounds an den jeweiligen Raum geschieht mit einem Hochleistungsrechenchip, der Signale aus sechs Mikrofonen analysiert - so können angeblich Sprachbefehle auch bei lauter Musik fehlerfrei empfangen werden.

Vorreiter Amazon erlaubt wiederum, neben eigenen Diensten auch viele Wettbewerbsangebote zu nutzen. Dazu gehören beispielsweise die Deutsche Bahn für Reiseauskünfte oder Chefkoch.de zum Abrufen von Kochrezepten beim Zubereiten eines Menüs.

Und als dritter Wettbewerber drängt Google mit dem Lautsprecher Home auf den Markt. Dieses Angebot glänzt durch besonders schlaue Antworten auf Fragen, weil kein Unternehmen des Globus mehr Daten gesammelt hat als Google. Siri von Apple gilt dagegen als eher schlechte Beantworterin von Fragen.

Dies schließt nicht aus, dass die Apple-Lautsprecher beim Steuern von Geräten glänzen. Eine Softwareplattform wurde dafür aufgebaut. Als ein erster Schritt sollen die Video-Box Apple-TV und der Home Pod verknüpft sein.

Eines ist absehbar: Egal, ob bei Amazon, Google oder Apple, das Wetter erfragen wir künftig per Zuruf direkt nach dem Aufstehen.

(RP)
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