Computeruhr Apple-Watch kann 11.000 Euro kosten

Cupertino/Düsseldorf · Der Technologiekonzern bringt den Markt der Computeruhren in Schwung. Die Geräte sind ab 399 Euro zu haben - es gibt aber auch teure Luxusvarianten. Abgesehen von der Gesundheitsüberwachung hält sich der Nutzen in Grenzen.

Was ist Apple? Bis 2001 war es der Anbieter des Mac-Computers. Dann kam der iPod als populärer Musikspieler. Seit 2007 gibt es das iPhone - es revolutionierte den Handymarkt. Seit 2010 verändert das iPad das Computergeschäft radikal. Und gestern Abend stellte Apple die Apple Watch vor - ab 24. April geht sie auch hierzulande in den Verkauf.

Damit wagt sich der weltweit wertvollste Konzern erneut in ein neues Segment vor. Viele Experten erwarten, dass das Geschäft mit Computeruhren erst jetzt mit dem Start der Apple-Watch in Fahrt kommt. Während viele der bisherigen Modelle wie die Huawei Watch oder ein Gerät von LG mehr als ein Zentimeter dick sind, kommt die Apple-Watch allerdings nicht mit weniger Dicke aus.

Und obwohl auch die Konkurrenz eine Reihe brauchbarer Programme und Apps wie Facebook, E-Mail oder Herzschlag-Messung hat, schnürt Apple das umfangreichste Angebot: Die Uhr kann mit Apple-Pay zum Bezahlen genutzt werden - in Europa aber noch nicht. Ein digitales Flugticket lässt sich per Uhr vorzeigen, Steuerung per Sprachbefehl ("Siri") ist möglich. Per Funk lässt sich ein Hotelzimmer auch von der Watch aus öffnen. Der Fitness-Tracker misst die gelaufenen Schritte - und erinnert den Nutzer an das geplante Pensum. Und die Benutzeroberfläche lässt sich extrem flexibel an die eigenen Wünsche anpassen - Wetter, Uhrzeit, verpasste Anrufe, das alles ist mit der großen Krone am rechten Rand anwählbar.

Doch so interessant alle diese Details sind, eine Revolution startet Apple mit der iWatch nicht. "Sie sind erstmals mit einem Produkt eher Mitläufer als Vorreiter", sagt Holger Neinhaus, Vorstand der Düsseldorfer Unternehmensberatung SMP AG, "das versuchen sie nun mit Perfektion, viel Werbung und der Kraft ihrer Marke auszugleichen."

Hinzu kommt, dass das neue Produkt die Hauptschwäche fast aller Computeruhren teilt: Eigenständige Verbindungen ins Mobilfunknetz sind nicht möglich. Das Gerät funktioniert nur als Ableger eines iPhone und erhält darüber Mails, Standortinfos und erst recht Internet-Infos.

Trotzdem erwarten viele Experten eine hohe Nachfrage: 30 Millionen Stück der iWatch könnten innerhalb der nächsten zwölf Monate verkauft werden, schätzt die New Yorker Investmentbank Morgan Stanley. Weil das billigste Modell für 399 Euro auf den Markt kommen wird, kämen so mindestens zwölf Milliarden Euro zusammen, das ist halb so viel wie der Dax-Konzern Henkel an Geschäft macht.

Sicher ist der Erfolg aber nicht. Denn abgesehen von neuen Gesundheitsanwendungen, wie sie aber auch die nur 129 Euro teure Pebble-Watch hat, ist unklar, warum ein Besitzer eines iPhones auch noch eine Apple-Uhr braucht. Auf dem Mini-Display sieht er oder sie nur die Infos, die auch auf dem Bildschirm des Smartphone zu sehen sind.

Andererseits: Weil weit mehr als 300 Millionen Menschen ein iPhone haben, muss nicht einmal jeder zehnte Nutzer eine iWatch kaufen, um 30 Millionen Stück abzusetzen. "Apple wird immer mehr zum Lifestyle-Konzern", sagt Berater Neinhaus. "Es geht mehr um die Markenwelt als um Innovationsführerschaft."

Keiner hat das besser begriffen als der seit 2011 amtierende Konzernchef Tim Cook. Der hat für ein Gehalt von 65 Millionen Euro (im Jahr 2014) die Modeexpertin Angela Ahrendts zur Vertriebschefin gemacht. Erstes Projekt der früheren Chefin der Luxusmarke Burberrys: Für die iWatch wurde eine riesige Verkaufsfläche in den Galeries Lafayettes in Paris reserviert, also in einem der bekanntesten Kaufhäuser Europas. In großen Modemagazinen wie der amerikanischen "Vogue" schaltet Apple für Hunderttausende Euro bis zu zwölfseitige Werbestrecken für das neue Produkt.

Bringt das den Erfolg? Google warb ebenso teuer in der "Vogue" für seine Computerbrille Google-Glass - sie wurde ein Flop. In den deutschen Telekom-Shops oder bei Vodafone hierzulande gibt es die Apple Watch übrigens nicht.

(RP)
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