Luxemburg Arbeitssuchende EU-Bürger haben Anspruch auf Sozialhilfe

Luxemburg · Generalanwalt beim EuGH: Auch wenn ein EU-Bürger nur kurz in Deutschland gearbeitet hat, müssen Jobcenter zahlen.

Arbeitssuchende EU-Bürger in Deutschland können unter bestimmten Umständen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Sie pauschal von Sozialleistungen auszuschließen, sei nicht statthaft, heißt es im Schlussantrag von Generalanwalt Melchior Wathelet beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Mitgliedstaaten müssten zumindest Sozialhilfe oder eine andere existenzsichernde Leistung gewähren. Ein abschließendes Urteil des EuGH wird in einigen Monaten erwartet. Die Richter sind in ihrer Entscheidung nicht an den Schlussantrag des Generalanwalts gebunden, folgen jedoch in der Praxis zumeist dessen Argumentation.

Wathelet betont, dass jeder Einzelfall gesondert geprüft werden müsse. Wenn sich ein EU-Bürger in ein anderes EU-Land begebe, ohne dort arbeiten zu wollen, könne er vollständig von Sozialleistungen ausgeschlossen werden. Das gleiche gelte, wenn er erst nach der Ankunft beginne, eine Arbeit zu suchen. Jedoch dürfen nicht automatisch Sozialleistungen verweigert werden, wenn der EU-Bürger bereits drei Monate im anderen Land gearbeitet habe und dann arbeitslos werde.

Hintergrund ist die Klage einer aus Bosnien stammenden Frau, die wie ihre drei Kinder die schwedische Staatsangehörigkeit besitzt und in Berlin lebt. Die Frau und eine Tochter hatten in mehreren Gelegenheitsjobs unter einem Jahr gearbeitet; später wurden sie arbeitslos. Sie erhielten Arbeitslosengeld, die anderen beiden Kinder Sozialhilfe. Das Jobcenter in Berlin-Neukölln stellte die Zahlungen mit der Begründung ein, dass arbeitsuchende EU-Bürger in Deutschland von Sozialleistungen ausgeschlossen werden können. Das Sozialgericht gestand der Frau dann zu, dass sie und ihre Kinder weiter Anspruch auf Sozialleistungen hätten, weil das EU-Recht eine Ungleichbehandlung von Aus- und Inländern verbiete. Das Bundessozialgericht legte den Fall dem EuGH für eine generelle Klärung vor.

Erst im November hatte der EuGH entschieden, dass Deutschland arbeitslosen Zuwanderern aus EU-Ländern Sozialhilfeleistungen verweigern könne, falls diese das Ziel hätten, "in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen Mitgliedstaates zu kommen". Jedoch müsse jeder Einzelfall geprüft werden.

(KNA)
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