Frankfurt/M. Aufsichtsräte weiter in Männerhand

Frankfurt/M. · Nur beim Düsseldorfer Henkel-Konzern gibt es eine Chef-Kontrolleurin. Generell sind Frauen in den Aufsichtsräten der deutschen Großkonzerne jedoch eine Minderheit, die auch beim Gehalt schlechter abschneidet. Mit einer Ausnahme.

Ihre Zahl steigt, ihr Einfluss in den deutschen Aufsichtsräten lässt aber noch zu wünschen übrig: Knapp 32 Prozent der Mandate in den 30 großen Dax-Unternehmen halten inzwischen Frauen. Das geht aus der gestern veröffentlichten Studie der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) hervor. Damit ist die gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote von 30 Prozent für die Kontrollgremien erreicht. Für die M-Dax- und Tec-Dax-Unternehmen gilt die gesetzliche Frauenquote nicht. Folge: Dort ist nur etwa ein Fünftel der Aufsichtsräte weiblich.

Jella Benner-Heinacher, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der DSW, kritisiert, dass die wirklich machtvollen Positionen in den Kontrollgremien immer noch in Männerhand seien. Es gibt nur eine Ausnahme: Simone Bagel-Trah, die den Aufsichtsrat des Düsseldorfer Waschmittel-Konzerns Henkel führt. Auch in den oft mächtigen Ausschüssen sind nur zwei von zehn Mandaten weiblich besetzt.

Deshalb finden sich auch nur sechs Frauen unter den Top 50 der einflussreichsten Aufsichtsräte. Davon ist die Erfolgreichste Ann-Christin-Achleitner auf Platz elf. Die Betriebswirtschafts-Professorin sitzt bei der Deutschen Börse, bei Linde und der Münchner Rück im Kontrollgremium. Ihr Mann, Paul Achleitner, erreicht in der von der DSW aufgestellten Rangliste immerhin Rang fünf.

Der mächtigste Aufsichtsrat aber bleibt Ulrich Lehner, früherer Chef von Henkel. Er leitet die Kontrollgremien der Deutschen Telekom und des Stahlkonzerns Thyssen krupp und ist Mitglied im Aufsichtsrat des Energiekonzerns Eon.

Eine solche Mandatshäufung sieht die DSW kritisch. Der Zeitaufwand sei besonders bei herausgehobenen Positionen enorm. Das zeigt das Beispiel Paul Achleitner. Er ist nicht nur Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, sondern auch Mitglied im Kontrollgremium des Pharmakonzerns Bayer und des Autobauers Daimler. Dadurch musste er 2016 insgesamt 104 Sitzungstermine wahrnehmen, davon allein 82 bei der Deutschen Bank.

Für sein Mandat dort erhielt er 2016 allein 800.000 Euro. Damit liegt er vor Norbert Reithofer von BMW, der 610.660 Euro verdiente (siehe Grafik). In die Top Ten schaffte es lediglich eine Frau: Birgit Steinborn, die bei Siemens den Gesamtbetriebsrat leitet, bekam von dem Münchner Industriekonzern immerhin 463.500 Euro für das vergangene Jahr. Damit lag sie in der Rangliste auf Platz sieben.

Die höchste Vergütung für den gesamten Aufsichtsrat zahlt der Münchner Autobauer BMW mit 5,4 Millionen Euro, gefolgt von Siemens und der Deutschen Bank. Insgesamt überwiesen die 30 Dax-Konzerne ihren Aufsichtsräten für das Geschäftsjahr 2016 83,4 Millionen Euro, zehn Prozent mehr als für 2015. Diese bessere Vergütung sei eigentlich positiv zu sehen, sagt Jella Benner-Heinacher von der DSW. Denn die Arbeit der Aufsichtsräte habe sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt, erfordere immer mehr Zeit und werde immer professioneller. Im Schnitt erhielt ein ordentliches Aufsichtsratsmitglied 2016 114.000 Euro, allerdings dürfe die Vergütung nicht gewisse Grenzen überschreiten. Als positiv wertet die DSW die Entwicklung hin zu einer Festvergütung. Die zahlen inzwischen 25 der 30 Dax-Unternehmen. Die variable Vergütung, die sich etwa an der Dividende als Kennziffer ausrichtet, eigne sich nicht für Aufsichtsräte, weil diese auf Gewinnvariablen wenig Einfluss nehmen könnten, heißt es. Außerdem sei ihr Rat schließlich vor allem in der Krise gefragt, wenn die Gewinne sinken, meint die DSW.

Das war 2015 bei Volkswagen zu beobachten: Wegen des Dieselskandals hatte das Kontrollgremium zum Teil auf seine Vergütung verzichtet. VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch erhielt da nur 26.000 Euro, 2016 waren es immerhin 421.000 Euro. Das war der höchste Zuwachs im vergangenen Jahr.

(RP)
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