Millionenschwere Medienbeeinflussung Bahn entbindet Verantwortlichen für verdeckte Meinungsmache

Berlin (RPO). Die Deutsche Bahn hat den für die verdeckte Werbung verantwortlichen Manager Ralf Klein-Bölting von seinen Aufgaben entbunden. Das teilte ein Bahnsprecher am Freitag auf Anfrage mit. Bahnchef Rüdiger Grube zog damit die am Vortag angekündigten personellen Konsequenzen aus den verdeckten Maßnahmen, die kurz zuvor bekanntgeworden waren. Klein-Bölting war Generalbevollmächtigter für Marketing und Kommunikation.

 Greift durch nach der Werbe-Affäre: Bahn-Chef Rüdiger Grube.

Greift durch nach der Werbe-Affäre: Bahn-Chef Rüdiger Grube.

Foto: AP, AP

Grube hatte, nachdem ihm die Anschuldigungen bekanntgeworden waren, die Wirtschaftsprüfer von KPMG mit einer Untersuchung beauftragt, die die Vorwürfe bestätigten. 2007 wurden nach Angaben der Bahn für vorproduzierte Medienbeiträge, für Blog- und Forenbeiträge, für Leserbriefe und Meinungsumfragen 1,3 Millionen Euro ausgegeben, wie Grube eingeräumt hatte. Der Auftraggeber sei dabei nicht erkennbar gewesen. "Diese Formen der PR-Maßnahmen lehne ich entschieden ab", sagte Grube.

Nach Angaben des lobbykritischen Vereins LobbyControl flossen die 1,3 Millionen Euro an die Agentur "European Public Policy Advisers GmbH" (EPPA), die sieben Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Moskau, Prag, Den Haag, Warschau und London betreibt. EPPA habe laut Auskunft der Bahn wiederum den Verein Berlinpolis mit konkreten PR-Maßnahmen beauftragt. Die Vertragsbeziehung mit der EPPA sei noch 2007 wieder beendet worden. Berlinpolis nennt sich selbst "unabhängige und eigenverantwortliche Denkfabrik".

Berlinpolis hatte unter anderem im Oktober 2007 in der Hochphase der Bahnstreiks eine Umfrage veröffentlicht, nach der 55 Prozent der Bundesbürger gegen den Streik der Lokführer waren. Als Basis wurde eine repräsentative Forsa-Umfrage genannt. Nach Angaben von "Spiegel online" war das eigene Forum ebenso betroffen, teils mit einem Viertel der Beiträge in Bahn-Unterforen, wie "tagesschau.de".

Auch Tiefensee eingebunden

Laut LobbyControl wurde auch Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) 2007 in verschiedene Aktivitäten von Berlinpolis eingebunden, etwa mit einem Vorwort für die Berlinpolis-Publikation "Die Zukunft der Mobilität - Herausforderungen und Perspektiven für den Verkehr von morgen" oder ein Referat zur Bahnprivatisierung beim "1. Deutscher Public Sector Summit", der 2007 von Berlinpolis und einem Partner veranstaltet worden sei.

Tiefensees Sprecher Rainer Lingenthal erklärte dazu, die Beteiligung seines Ministers sei "in völliger Unkenntnis der Manipulationen" geschehen. "In beiden Fällen gab es auch keinerlei Zuschüsse. Und in beiden Fällen war die entsprechende Positionierung öffentlich, erkennbar und normaler Bestandteil öffentlichen politischen Wirkens."

(AP)
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