Nachfolge von Rüdiger Grube Bahn frei für Pofalla

Düsseldorf · Der frühere Kanzleramtschef gilt als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Rüdiger Grube. Der Bahnchef hatte ihn allen Widerständen zum Trotz an Bord geholt und schanzte ihm erst kürzlich neue Aufgaben zu.

Für viele war Rüdiger Grubes Vertragsverlängerung allenfalls noch ein formaler Akt. Erst vor wenigen Tagen präsentierte der Bahnchef bei einem Termin am Berliner Hauptbahnhof gemeinsam mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gut gelaunt das kostenfreie W-Lan in allen ICE-Zügen. Der Minister erklärte dabei, er freue sich darauf, mit Grube "in den nächsten Jahren noch viele gemeinsame Termine machen zu können". Daraus wird nun bekanntlich nichts. Der 65-Jährige war das Gerangel um die Dauer seines Vertrages leid und zog gestern die Notbremse.

Mit dem unerwarteten Ausscheiden des Konzernlenkers richten sich jetzt alle Augen auf den Mann, der schon seit Längerem als aussichtsreichster Nachfolger gehandelt wird: Ronald Pofalla. Der aus dem niederrheinischen Weeze stammende Ex-Politiker ist zwar erst seit zwei Jahren beim Staatskonzern. Doch viele hielten den Fahrplan für ausgemacht, wonach Grube noch bis 2020 sein Prestigeprojekt "Zukunft Bahn" fortführt und dann die Konzernführung an Pofalla übergibt.

Grube hatte in der Vergangenheit einiges auf sich genommen, um Pofalla diesen Weg zu ebnen. Der Wechsel aus der Politik zur Bahn verlief extrem holprig. Die Frage, ob ein Regierungsmitglied eine bestimmte Karenzzeit einhalten müsse, ehe es bei einem Unternehmen anheuere, wurde lauter und lauter. Schließlich war der enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel "mit allen relevanten bahnpolitischen Themen befasst", traf während seiner Zeit als Kanzleramtschef Bahnchef Grube allein 30 Mal.

Grube und Pofalla kannten sich also gut, als die Entscheidung zum Wechsel fiel. Und der Bahnchef wollte den Kanzleramtsminister unbedingt in seinem Team haben. Trotz der immer lauter werdenden Kritik hielt der Konzernchef unbeirrt an der Personalie Pofalla fest. Anfang 2015 durfte der CDU-Politiker tatsächlich auf dem Sessel des Chef-Lobbyisten Platz nehmen - nach einem Jahr Karenzzeit.

Von diesem Posten stieg der studierte Sozialpädagoge und Volljurist in rasantem Tempo in der Hierarchie der Deutschen Bahn AG auf. Bereits im August 2015 - also gerade einmal acht Monate nach seinem Arbeitsantritt - rückte er in den Vorstand auf, zuständig zunächst für die Themengebiete Wirtschaft, Recht und Regulierung. Und im Dezember vergangenen Jahres nutzte Grube die Gunst der Stunde, als der einflussreiche Technik-Vorstand Volker Kefer im Zuge des nicht enden wollenden Skandals um die Kostenexplosion bei Stuttgart 21 aus dem Vorstand ausschied. Grube ordnete die Zuständigkeiten der Führungsmannschaft komplett neu. Auch diesmal profitierte Pofalla: Zwar musste er den Bereich Recht an seinen Vorstandskollegen Ulrich Weber abgeben, erhielt aber im Gegenzug das wichtige Ressort Infrastruktur.

Der letzte Schritt zum Prestigeposten Bahnchef dürfte allerdings nicht einfach werden. "Die Entscheidung über eine solche Top-Personalie mitten in einem Bundestagswahljahr kommt zur Unzeit", sagt der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Dirk Fischer. Möglicherweise könnte die Personalie aber noch vor dem Herbst entschieden werden. Nach Informationen unserer Redaktion aus Koalitionskreisen verabredete das schwarz-rote Bündnis 2013, dass die Union bei einem vorzeitigen Ausscheiden Grubes den Nachfolger bestimmen darf, im Gegenzug durften die Sozialdemokraten über die Nachbesetzung von Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit, entscheiden. Der SPD-Mann Detlef Scheele übernimmt im Frühjahr die Leitung der Nürnberger Behörde.

Mit der Ära Grube geht auch eine besondere Form der Unternehmensführung zu Ende. Der Manager gilt als zuvorkommend, seine Sprache ist offen und klar. Unzufriedene Kunden rief er regelmäßig selbst an. Wie Pofalla stammt auch er aus einfachen Verhältnissen: Der Sohn eines Hamburger Obstbauern hatte sich vom Berufsschullehrer zum Daimler-Vorstand und dann 2009 zum Bahnchef hochgearbeitet. Zumindest privat war 2015 für Grube ein Glücksjahr, in dem der zweifache Vater zum zweiten Mal heiratete: Er gab der Fernsehköchin Cornelia Poletto das Jawort.

(may-)
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