Berlin Bahn-Gewerkschaften lassen gemeinsame Gespräche platzen

Berlin · Lokführer- und Eisenbahnergewerkschaft können sich nicht auf einen Verhandlungsweg einigen.

Der Deutschen Bahn stehen schwierige Tarifverhandlungen bevor. Schon der Versuch des Konzerns und der beiden konkurrierenden Gewerkschaften GDL (Gewerkschaft der Lokführer) und EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft), sich im Vorfeld wenigstens auf einen Fahrplan für die Verhandlungen zu einigen, ist gescheitert. Die Bahn macht die GDL dafür verantwortlich.

Die Bahn muss in diesem Jahr noch einen Grundlagentarif für alle 140 000 Mitarbeiter und je einen Entgelttarifvertrag mit beiden Gewerkschaften aushandeln. Die wesentlich größere EVG akzeptiert, dass die GDL die 20 000 Lokführer vertritt. Die GDL will aber über diese hinaus künftig auch noch 10 000 Zugbegleiter vertreten. Als Reaktion darauf will die EVG nun auch die Lokführer vertreten. Beide Gewerkschaften stehen in scharfer Konkurrenz um Mitglieder zueinander.

Die Bahn hatte ein "Federführungskonzept" vorgeschlagen, bei dem jeweils beide Gewerkschaften bei allen Verhandlungen mitreden können, sich aber vorab untereinander einigen müssen, wer bei welchem Verhandlungsthema das letzte Wort hat. Das wurde abgelehnt. Die GDL verlangte für sich ein Veto-Recht bei sämtlichen Themen.

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber sagte gestern gegenüber unserer Zeitung: "Wir wollen eine Tarifkonkurrenz bei der Bahn vermeiden. Zwei Tarifverträge mit unterschiedlichen Inhalten für eine Berufsgruppe kommen für uns nicht infrage."

GDL-Chef Claus Weselsky hielt gestern dagegen, Kooperationen seien grundsätzlich zwar eine gute Sache, "doch wenn sie auf ein Tarifkartell zulasten aller Gewerkschaftsmitglieder hinauslaufen, dann ist das mit uns nicht zu machen". Weselsky warf der Bahn vor, sie wolle dauerhaft Mitglieder erster und zweiter Klasse fixieren. Auch in Richtung Konkurrenz teilte der GDL-Chef ordentlich aus: Dass derzeit nur noch 18 Prozent aller Beschäftigten überhaupt einer Gewerkschaft angehörten, zeige, dass "in Tarifkartellen" die Gewerkschaften ihren Hauptaufgaben - Mitgliedern und Organisationsgrad - nicht nachgekommen seien. Weselsky erklärte, dass Gewerkschaften, die für einzelne Berufsgruppen verhandelten, wesentlich besser die Mitglieder binden könnten. Die GDL fürchtet, bei einer Kooperation mit der EVG Mitglieder zu verlieren.

In den Lohntarifverhandlungen fordert die Lokführergewerkschaft eine Entgelterhöhung um fünf Prozent, eine Verkürzung der Arbeitszeit um zwei auf 37 Stunden pro Woche, nur noch 50 statt bisher unbegrenzte Überstunden im Jahr sowie einen 50-prozentigen Zeitzuschlag bei Schichtverlängerungen. Hinzu kommt außerdem eine Begrenzung der Schichten auf maximal fünf in fünf Tagen. Die Wochenenden sollen mindestens von Freitag 22 bis Montag 6 Uhr dauern. Am ersten Tag nach dem Urlaub dürfe der Dienstbeginn nicht vor sechs Uhr angesetzt sein und zu guterletzt solle der Konzern seinen Mitarbeitern eine dem Gewinn entsprechende Mitarbeiterbeteiligung zahlen. Die Arbeitgeber haben diese Forderung schon im Vorfeld zurückgewiesen.

Der nächste Verhandlungstermin für die Lohnfrage ist für morgen angesetzt. "Wir gehen davon aus, dass der Termin ganz normal stattfinden wird", sagte ein GDL-Sprecher.

(RP)
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