Berlin Bahn: Heute Tarifeinigung - oder Streik

Berlin · Das Unternehmen und die Gewerkschaft EVG haben ihre Gespräche bis heute verlängert. Zuletzt lagen Angebot und Forderung noch deutlich auseinander. Auch das Wahlmodell (mehr Geld, mehr Urlaub, weniger Arbeitszeit) war strittig.

Gerade erst ist der Streik der Lufthansa-Piloten mindestens vorübergehend beendet, da nimmt die nächste Gewerkschafterin das Wort Streik in den Mund. Diesmal ist es Regina Rusch-Ziemba, Verhandlungsführerin der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) in den Tarifgesprächen mit der Deutschen Bahn. Am Freitag waren beide Seiten ohne Ergebnis auseinandergegangen, gestern trafen sie sich erneut. Auch heute soll noch mal verhandelt werden, aber wenn es dann noch keine Einigung gibt, will die EVG in den nächsten Tagen zum Warnstreik aufrufen. Kurz vor Weihnachten würden da viele Zugreisende sicherlich vor Wut schnauben. Bis gestern Abend war noch keine Lösung für alle Problemfelder gefunden.

Die EVG verlangte zuletzt eine Einkommenssteigerung von sieben Prozent. Diese Forderung splittet sich in 4,5 Prozent Tarifsteigerung und weitere 2,5 Prozent, die Arbeitnehmer nach den Vorstellungen der Gewerkschaft gegen sechs Tage mehr Urlaub oder eine Stunde weniger Wochenarbeitszeit eintauschen können sollen. Die Bahn bot im Gegenzug ein Einkommensplus von 4,2 Prozent an, in denen die 2,5 Prozent für das Wahlmodell (mehr Geld oder mehr Urlaub oder weniger Wochenarbeitszeit) bereits enthalten sind. Anders als die EVG will die Bahn das Mehr an Freizeit aber nicht als Urlaub gewähren, sondern Gutschriften auf Freizeitkonten gewähren. Zudem soll es eine Lohnerhöhung von 1,5 Prozent ab Mai 2017 sowie 0,2 Prozent Plus als höheren Zuschlag für Nachtarbeiter und eine Einmalzahlung von 375 Euro geben. Die Bahn möchte diesen Tarifvertrag bis Ende 2018 abschließen, während die EVG auf eine kürzere Laufzeit aus ist.

Der zweite wesentliche Verhandlungspunkt war zuletzt die Bezahlung des Service- und Sicherheitspersonals. Dabei geht es um etwa 11.000 Mitarbeiter, denen die Bahn zwar auch eine Einkommenssteigerung bis 4,2 Prozent anbietet. Dieses Plus soll aber nicht unisono für alle gelten. Begründung der Bahn: Die Entgeltunterschiede in Ost und West seien erheblich. Das will die EVG auf keinen Fall mitmachen. Es dürfe "keine Spaltung" der Eisenbahnerfamilie geben, hatte Verhandlungsführerin Rusch-Ziemba zuletzt erklärt.

Und dann wäre da noch der neue Tarifvertrag "Arbeit 4.0", in dem geregelt werden soll, ob und wie Eisenbahner statt im Büro oder Werk auch zu Hause am Computer arbeiten könnten. So sollen Beruf und Familie besser in Einklang gebracht werden. Eine veränderte Öffnungsklausel im Demografie-Tarifvertrag soll individuellere Schicht- und Einsatzpläne in den Betrieben ermöglichen, und iIm Nachwuchskräfte-Tarifvertrag sind eine betriebliche Altersvorsorge und ein Mietkostenzuschuss für Auszubildende geplant.

Parallel verhandelt die Bahn gegenwärtig mit der Gewerkschaft der Lokführer (GDL), die die deutlich kleinere der beiden Gewerkschaften ist und die Interessen von "nur" 35.000 Lokführern und Zugbegleitern vertritt. Die GDL verlangt eine vierprozentige Einkommensverbesserung und andere Schichtmodelle, die die Freizeit der Mitarbeiter besser planbar machen sollen.

Die gute Nachricht für Bahnreisende: Einen Streik der GDL müssen sie vorerst nicht fürchten. Die Gewerkschaft könnte zwar Streiks androhen, wenn die Verhandlungen stocken oder gar scheitern, aber in dem Fall kann die Bahn eine Schlichtung verlangen. So haben es beide Seiten im vergangenen Jahr vereinbart, nachdem die GDL mit Streiks den Bahnverkehr erheblich beeinträchtigt hatte.

(RP)
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