Hamburg/Düsseldorf 8,5 Jahre Haft für Anlagebetrüger Schulte

Hamburg/Düsseldorf · Bei Wölbern Invest verloren 40 000 Anleger geschlossener Fonds 115 Millionen Euro. Fondschef Heinrich Schulte finanzierte mit dem Geld ein luxuriöses Leben. Geprellte können auf eine Teilerstattung hoffen.

Das Hamburger Landgericht hat ein hartes Urteil über einen der größten Anlagebetrüger der vergangenen Jahre gefällt. Der 61-jährige Unternehmer und Arzt Heinrich Maria Schulte muss für 8,5 Jahre ins Gefängnis, weil ihn das Gericht der gewerbsmäßigen Untreue in 327 Fällen für schuldig hält. Konkret habe er 147 Millionen Euro aus dem Vermögen zahlreicher Immobilienfonds abgezweigt, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein, stellte das Gericht fest. Komplett verschwunden seien 115 Millionen Euro, 28 Millionen Euro habe Schulte in private Beteiligungen geleitet, viele weitere Millionen steckte er in seine Villa, eine Jacht sowie schöne Reisen.

"Er verfügte über Fondsgelder so, als wenn sie ihm gehörten", sagte Richter Peter Rühle. Opfer sind rund 40 000 Anleger. Viele der mehr als 30 verwalteten Fonds wie Holland 54, Holland 55 oder Holland 56 sind in Insolvenz gegangen. "Die Wertverluste sind beträchtlich", sagt der Anwalt Heiko Müller, Partner der Kölner Kanzlei Müller Seidel Vos. "Die Anleger müssen sich wehren."

Das Urteil fügt sich ein in eine Reihe ebenfalls harter Urteile bei Wirtschaftsstraftaten. Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, 61, erhielt im November in Essen drei Jahre Haft aufgebrummt, vorrangig weil er sehr teure Reisen auf Kosten seines früheren Arbeitgebers unternommen hatte. Der Düsseldorfer Ex-Kunstberater Helge Achenbach, 63, erhielt im März sechs Jahre Haft wegen Betrugs an der Aldi-Familie sowie gegenüber anderen Millionären in Höhe von mehr als 20 Millionen Euro. Halbwegs günstig kam Ex-Bayern-München-Präsident Uli Hoeneß mit seinen 3,5 Jahren Haft für Steuerbetrug in Höhe von 28,5 Millionen Euro davon - insbesondere weil er schon sechs Monate nach Haftantritt "Freigänger" wurde.

Auch Heinrich Maria Schulte muss wegen Fluchtgefahr in Haft bleiben, obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Die Verteidigung will Revision beim Bundesgerichtshof einlegen, tatsächlich liegen die Chancen auf einen Freispruch sehr niedrig.

Für Anleger gibt es nun drei Hoffnungen: Zum einen haben die Insolvenzverwalter von 29 Fonds eine Schadenersatzklage gegen die internationale Anwaltskanzlei Bird & Bird eingereicht. Diese habe Schulte mit fragwürdigen juristischen Konstruktionen geholfen, die Gelder innerhalb der Wölbern-Gruppe zu verschieben. Mehr als 260 Seiten hat die Klageschrift. Und weil Bird & Bird mit mehr als 1000 Anwälten in 178 Ländern eine große Anwaltsgruppe ist, gäbe es auch genügend Kapital, um möglichen Schadenersatz zu leisten. Allerdings wird ein Verfahren sicher lange dauern, weil die Edelkanzlei sich "mit allen rechtlich verfügbaren Mitteln" wehren will.

Zweitens müssen Anleger prüfen, ob sie beim Fonds-Kauf falsch beraten worden sind. "Das ist zwar nicht einfach", sagt der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter, Partner der Kanzlei Baum, Reiter und Kollegen, "aber wenn ein Finanzberater einem Anleger einen geschlossenen Immobilienfonds als äußerst sichere Geldanlage verkauft hat, der nun insolvent ist, ist das schon fragwürdig."

Und drittens sollten Anleger prüfen, ob sie Kredite zum Kauf der Wölbern-Fonds widerrufen können. So hat die mit den Fonds zusammenhängende Wölbern-Bank früher sehr viele Kredite vergeben, bei denen es eine fehlerhafte Widerspruchsklausel gab. "Wenn Anleger den Kredit mit der falschen Widerspruchsklausel kippen", sagt Anwalt Reiter, "dann kann auch die Fondsbeteiligung widerrufen werden." Das sieht auch sein Kölner Kollege Heiko Müller so: "Die Wölbern-Bank hat bereits Rückstellungen gebildet, um Fondsanteile mit Verlust zurückzunehmen. Das zeigt, dass Klagen von Anlegern eine gute Chance haben."

(RP)
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