Bauland zu Dumpingpreisen Viele Kommunen buhlen um Häuslebauer

Essen/Frankfurt · Betongold liegt bei Anlegern aktuell hoch im Kurs: Der Immobilienmarkt boomt. Aber nicht überall. Während große Ballungszentren profitieren, sieht die Lage in vielen ländlichen Regionen ganz anders aus. Hier ist Bauland zum Teil zu Dumpingpreisen zu haben.

So entwickelt sich der Immobilienmarkt in NRW
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Foto: dpa, Martin Gerten

Der Traum vom eigenen Haus kann zum Alptraum werden, wenn Bauland zu extrem niedrigen Preisen angeboten wird. Während niedrige Zinsen den Immobilienboom in den Großstädten beflügeln, warnen Experten bereits vor verödeten Gemeinden und zersiedelten Landschaften.

"Die Gefahr ist derzeit groß, dass wir den Leerstand von morgen bauen", sagt etwa Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Probleme sehen Fachleute etwa in ländlichen Regionen in Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Brandenburg oder auch Nordrhein-Westfalen.

Hintergrund der Entwicklung sei der Wettlauf vieler Kommunen im Kampf gegen sinkende Bevölkerungszahlen. "Wir haben einen Trend, dass die Leute in die Städte wollen und weg vom Land", berichtet Henrik Baumunk, Geschäftsführer des internationalen Immobiliendienstleisters CBRE. Unter der Urbanisierung litten vor allem Gebiete sehr stark, die nicht an Metropolregionen angebunden seien.

Die Anbindung an die nächste Großstadt entscheidet über die Zukunft

Dabei könne bereits die Anbindung an die nächste Großstadt über die Zukunft entscheiden: Für den Immobilienmarkt in Gemeinden, die an keinem ICE-Halt oder einer Autobahn lägen, könne es schwierig werden.

Probleme könnten überall dort entstehen, wo weder eine Infrastruktur, noch genügend Wirtschaft oder Tourismus vorhanden sei, um Menschen zum Bleiben oder sogar zum Zuzug zu bewegen. Die Gemeinden seien dementsprechend unter Druck. "Die Immobilienpreise sinken auf jeden Fall an Standorten, die Einwohner verlieren", meint auch Sun Jensch, Bundesgeschäftsführerin vom Immobilienverband Deutschland (IVD). Der Verkauf einer Immobilien gestalte sich dann meist schwerer.

So wird laut dem Geschäftsführer von CBRE Bauland in der Uckermark unter zehn Euro den Quadratmeter angeboten. Auch wenn Gemeinden Grundstücke verschenken würden, die Leute blieben nicht, wenn die strukturellen Voraussetzungen nicht stimmten, meint er. Der Bau eines Hauses mit einer Wohnfläche von etwa 100 Quadratmetern koste etwa 150.000 bis 200.000 Euro - egal, wo gebaut werde. Vor allem für Besitzer von Einfamilienhäusern in derartigen Regionen könne es dann schwierig werden, überhaupt noch einen Käufer zu finden, sagt IW-Experte Henger.

Anders sieht der Immobilienmarkt laut Baumunk in vielen ländlichen Gebieten in Bayern oder Baden-Württemberg aus, wo viele kleine und mittelständige Betriebe lokal angesiedelt sind. Dort funktioniere das wirtschaftliche Umfeld in sich selbst und die Gegenden bräuchten deshalb keine Großstadt in ihrer Nähe, um attraktiv zu sein. "In Deutschland steigen die Kauf- und Mietpreise insgesamt an, wenn auch regional unterschiedlich stark", sagt er.

Und von dem derzeitigen Immobilienboom profitiert vor allem das Umland der Metropolen. "Wir haben in den Großstädten wieder das Phänomen, dass Normalverdiener, die sogenannten Schwellenhaushalte, in den Speckgürtel ziehen, weil sie sich in der Stadt die eigene Immobilie nicht mehr leisten können", sagt Jensch. Die Leute gingen soweit aus der Großstadt, soweit es der S-Bahn-Ring oder Regionalexpress zulasse. "In Summe - eine Stunde Fahrtzeit nehmen die Menschen auf sich." Davon könnten auch Städte wie Essen und Gelsenkirchen, aber auch Chemnitz und Leipzig profitieren.

(felt/dpa)
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