Düsseldorf/München Baut Daimler Kooperation mit Renault aus?

Düsseldorf/München · Nachdem Volkswagen ankündigte, die Zusammenarbeit mit Daimler beim Sprinter zu beenden, reagieren die Beteiligten. Die Wolfsburger binden MAN an sich. Mercedes erwägt eine Erweiterung der Kooperation mit Renault.

Der Autobauer Daimler erwägt offenbar eine Ausweitung seiner Kooperation mit dem französischen Konzern Renault. Hintergrund sind Gerüchte darüber, dass Volkswagen aus der Zusammenarbeit im Nutzfahrzeugbereich aussteigen möchte. Bislang wird der VW Crafter als leichter Transporter fast baugleich mit dem Mercedes Sprinter gebaut – und zwar in den Daimler-Werken Düsseldorf und Ludwigsfelde. Die Verträge über die Kooperation laufen noch bis 2016. Danach könnte Volkswagen mit der eigenen Nutzfahrzeugtochter MAN zusammen einen neuen Transporter in Eigenregie entwickeln.

Daimler hat für den Fall, dass VW abspringt, eine Prüfung der Zusammenarbeit mit Renault in Aussicht gestellt. Bereits im September hatte Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche eine Vertiefung der Kooperation mit den Franzosen angedeutet. "In dieser Allianz gibt es keine Denkverbote", hatte der Manager nach dem Pariser Autosalon gesagt.

Konkret würde die Zusammenarbeit den Renault-Transporter Master betreffen, der in Größe und Form der gleichen Klasse wie der Sprinter angehört. "Die Zusammenarbeit beim Bau des Kleintransporters Citan läuft bereits jetzt sehr gut", sagte gestern ein Daimler-Sprecher. Der Mercedes Citan ist ein Ableger des Renault Kangoo, der aber bei Renault in Frankreich mit dem Stern im Kühlergrill produziert wird. Der Renault Master selbst ist bereits Bestandteil einer Kooperation mit Nissan und wird unter anderem auch als Opel Movano verkauft.

Daimler gibt sich bei den VW-Meldungen betont gelassen. Für das Werk in Düsseldorf, das zu einem Viertel mit der Produktion von VW-Fahrzeugen ausgelastet ist, gebe es auch nach einem möglichen Ausscheiden von VW genug Aufträge, da dort auch für den wachsenden US-Markt produziert würde. Die Möglichkeit, dass der nächste Sprinter bei Renault entsteht, halten Autoexperten ebenfalls für ausgeschlossen, da Daimler als Marktführer in diesem Segment die Produktion des Sprinter nicht aus der Hand geben würde.

VW-Patriarch Ferdinand Piëch strebt beim Bau des VW-Transporters offenbar ein Gemeinschaftsprojekt mit MAN an. Nach Informationen des "Handelsblatts" könnte der Crafter-Nachfolger in der Türkei oder Polen gebaut werden.

VW will die Tochter MAN künftig so gut wie komplett kontrollieren. Wie bei Tochter Audi soll ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag dafür sorgen, dass die Konzernmutter in Wolfsburg in wichtigen strategischen Fragen durchregieren kann und außerdem Zugriff auf die Gewinne des Lkw- und Maschinenbau-Spezialisten aus München erhält. Noch in diesem Jahr solle das Vorhaben umgesetzt werden, hieß es gestern aus der Unternehmenszentrale. Damit dürften die Aktionäre schon zur MAN-Hauptversammlung am 6. Juni über den Vertrag entscheiden.

VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch hatte seit längerem angedeutet, MAN enger an die gesamte Gruppe binden zu wollen. Für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag sind mindestens drei Viertel der Stimmen der anwesenden Anteilseigner bei der Hauptversammlung nötig. Volkswagen hält an MAN mehr als 75 Prozent, ein positives Votum gilt als wahrscheinlich. NordLB-Analyst Frank Schwope sieht dies als Formalie, eine Erhöhung auf bis zu 100 Prozent sei möglich. Die Niedersachsen streben die volle Kontrolle bei den Bayern an, um ihr Nutzfahrzeuggeschäft mit MAN, Scania sowie den leichten Transportern und Lieferwagen aus Hannover besser zu verzahnen.

Der neue Konzernvorstand und Ex-Scania-Chef Leif Östling lotet dazu seit September 2012 Möglichkeiten aus, wie sich die Kosten drücken lassen und die Produktion aller Ableger vereinfacht werden kann. Auch VW-Chef Martin Winterkorn hatte beteuert, dass die einzelnen Marken dabei aber ihre Eigenständigkeit behalten sollen.

(RP)
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