Berkeley/San Francisco Bayer kopiert Wissen aus der Bay

Berkeley/San Francisco · Eine Fabrik bei San Francisco ist Vorbild für ein neues Werk bei Wuppertal.

Bayer setzt stärker als jedes andere Unternehmen aus NRW auf Ideen aus der Region rund um San Francisco. Der Grund: In keiner Region der Welt gibt es ein höheres Wissen bei Biowissenschaften. Als wichtigstes Projekt baut Bayer ein neues Werk bei Wuppertal auf, das nichts weiter als eine Kopie einer Anlage ist, die in Berkeley am östlichen Ufer der Bucht von San Francisco steht.

Es geht um viel Geld: Eine Jahresproduktion in Berkeley ist rund eine Milliarde Euro wert. Die Belegschaft ließ sich mit einem Muster dieser Produktion stolz fotografieren.

Bayer holt dabei ein in Deutschland entwickeltes Produkt zurück in die Heimat: Vor mehr als 15 Jahren hatten hiesige Chemiker ein Verfahren zur Bekämpfung der Bluterkrankheit mit dem per Gentechnik nachgebauten Blutgerinnungsfaktor VIII entwickelt - aber wegen des damaligen Widerstandes gegen Gentechnik in Deutschland wurde die Fabrik im technikbegeisterten Kalifornien aufgebaut. Jetzt, wo die Produktion ausgebaut wird, kommt das zweite Werk nach Deutschland.

Schon jetzt werden für jeweils einige Monate rund ein halbes Dutzend Meister, Chemiker und Facharbeiter in das Werk in Berkeley geschickt, damit sie lernen, wie die teuren Anlagen zur Produktion des Blutgerinngsfaktors VIII funktionieren. Das Gebäude des neuen Werkes in Wuppertal steht, 2016 werden die Maschinen und Labore installiert, 2017 soll die Fabrik eingeweiht werden - es sollen rund 360 Arbeitsplätze entstehen. Der Umsatz mit den Medikamenten könnte bei mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr liegen - dabei liegt die Menge des Wirkstoffes nur bei rund 200 Gramm.

Im südlichen Stadtteil Mission Bay von San Francisco, erklärt Christopher Haskell bei einem Besuch, wie Bayer vom Gründergeist der Region profitiert. Fünf Start-Ups für Biowissenschaften hat der Bayer-Forschungschef in San Francisco aufgenommen, um von ihren Ideen zu profitieren. "Die Leute haben tolle Konzepte und sind froh über uns als erfahrenen Partner", berichtet der in Immunologie promovierte US-Amerikaner beim Rundgang durch die Labore.

Die Start-Up-Firmen kümmern sich dabei um Anti-Krebs-Technologie, medizinische Diagnostik oder die weitere Erforschung der Blutgerinnung. Im Co-Laboratorium befindet sich auch die Firma Cairn Biosciences, bei der die Chefin eine Methode entwickelt, um Blut besser zu untersuchen. Dabei können die jungen Unternehmer auch von der Kooperation mit rund 100 Forschern im Gebäude profitieren.

Das Konzept hat Eindruck gemacht: In Berlin hat Bayer einen ähnlichen Co-Laborator für Gründerfirmen aufgebaut.

Um voranzukommen, gehen die Leverkusener neue Wege: So haben sie Konzernmanager Dirk Schapeler an die von Google geförderte Singularity University delegiert, die sich auf die Erforschung bahnbrechender Technologien konzentriert hat. "Unsere Aktivitäten bei Singularity sind streng vertraulich", heißt es in Leverkusen, doch die Richtung ist klar: So definierte Schapeler es bei einem Kongress als eines seiner Hauptziele, Patienten künftig online auch zu Hause überwachen zu können und Big-Data-Technologien stärker zu nutzen. "Wir werden viel mehr Daten von entlassenen Klinikpatienten über ihren Lebensstil auswerten", erklärt ein Konzern-Manager, "und da kommen sicher noch Partnerschaften mit Silicon-Valley-Konzernen."

(RP)
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