Leverkusen Bayer verliert einzige Frau im Vorstand

Leverkusen · Erica Mann, verantwortlich für rezeptfreie Arzneimittel, geht nach nicht mal drei Jahren. Nun soll ein Niederländer die gewinnschwache Division voranbringen - und die Zweifel an Bayers Übernahmekompetenz zerstreuen.

Erica Mann muss ihre Koffer packen. 2016 kam die Südafrikanerin in den Bayer-Vorstand - als erste Frau in der über 150-jährigen Konzerngeschichte und verantwortlich für das milliardenschwere Geschäft mit rezeptfreien Arzneien (Consumer Health). Doch schon Ende März verlässt sie Leverkusen wieder. Erica Mann wolle ihren bis Dezember 2018 datierten Vertrag nicht verlängern und habe den Aufsichtsrat gebeten, das Unternehmen vorzeitig verlassen zu können, teilte der Konzern mit. "Bayer ist heute eines der führenden Unternehmen in der Selbstmedikation. Das ist auch ein großes Verdienst von Frau Mann. Für ihren weiteren Lebensweg wünschen wir ihr alles Gute", sagte Aufsichtsratschef Werner Wenning.

Über die Gründe hört man Verschiedenes: Die einen sagen, Mann habe persönliche Gründe. Sie stammt aus Südafrika, ihre beiden erwachsenen Söhne leben in Australien. Andere sagen, Mann müsse gehen, weil sie die Probleme ihrer Division nicht in den Griff bekomme, die zur Belastung für den Monsanto-Deal werden.

Es gebe Sorgen darum, wie gründlich Bayer Unternehmen vor einer Übernahme prüfe, hatte unlängst Jeremy Redenius vom Analysehaus Bernstein erklärt. Immer wieder wird Bayer-Chef Werner Baumann gefragt, ob der Konzern überhaupt in der Lage sei, Monsanto zu integrieren, wo er schon an der Integration des viel kleineren Merck-Geschäfts scheitere. Bayer hatte 2014 die Merck-Sparte mit Marken wie Dr. Scholl's und Claritin für zehn Milliarden Euro übernommen. "Strategisch bleibt die Übernahme richtig, aber sie liefert bislang nicht das, was wir erhofft haben", räumte Baumann unlängst ein. Hinzu kommen weitere Probleme: Ausgerechnet bei einem Klassiker, der Wundsalbe Bepanthen, hatte Bayer lange Lieferprobleme. Der Umsatz der Sparte brach im dritten Quartal um sieben Prozent ein, der Gewinn gar um 17 Prozent.

Nun soll ein Niederländer beweisen, dass Bayer Übernahmen kann: Zum 1. März wird Heiko Schipper Chef der Division und lässt sich einen Monat von Mann einarbeiten. Der 48-Jährige ist derzeit Vorstand beim Nahrungsmittelriesen Nestlé und für das Geschäft mit Babynahrung zuständig. Schipper, der in Amsterdam geboren wurde und drei Kinder hat, studierte Ökonomie in Rotterdam und arbeitete für den Bierbrauer Heineken, bevor er 1996 zu Nestlé kam. Er ist Marketing-Experte, Marketing spielt bei Consumer Health eine große Rolle: Hohe Preise wie bei innovativen Arzneien sind hier nicht drin, die Produkte müssen mit viel Marketing-Aufwand im Markt gehalten werden.

Unter dem Gesichtspunkt "Diversity" ist der Wechsel für Bayer problematisch: Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, mindestens eine Frau im Vorstand zu haben. Nach dem Abgang von Erica Mann sitzen auf den sieben Vorstandssesseln künftig sieben Männer. Kein Aushängeschild. Man halte an dem Ziel aber fest, betonte ein Sprecher.

Erica Mann, die bei ihrem Hobby Bungee-Springen Sturz-Erfahrungen gesammelt hat, wird sich womöglich mit ihrem früheren Rat an Frauen trösten: "Sei du selbst! Denk positiv!"

(anh)
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