Düsseldorf Bei Holzmann konnte nicht mal der Kanzler helfen

Düsseldorf · Der Baukonzern ist neben dem Ferienflieger LTU einer der prominentesten Fälle der Bürgschafts-Geschichte.

Am Ende reichte nicht einmal der mächtige Arm von Gerhard Schröder, um den Baukonzern Philipp Holzmann dauerhaft vor dem Kollaps zu bewahren. Knapp zweieinhalb Jahre, nachdem der SPD-Kanzler ein Rettungspaket verkündet hatte, das neue Milliardenkredite der Banken und eine Bundesbürgschaft von 250 Millionen Mark für den maroden Baukonzern vorsah, musste Holzmann im März 2002 doch zum Insolvenzrichter.

Schröders Trost: Die Bürgschaft war nie gezogen worden, weil sie erst dann hätte eingelöst werden können, wenn neues Geld von den Banken geflossen wäre. Dem Steuerzahler blieb die Haftung erspart, weil die Geldwirtschaft den Hahn zudrehte. Die Geldgeber schauten aber in die Röhre. Erst mehr als 13 Jahre später wurde die spektakulärste Baupleite Deutschlands abgeschlossen. 2015 wurden kurz vor Weihnachten noch 180 Millionen Euro ausgeschüttet. Am Ende wurden die Forderungen der Gläubiger zu 17 Prozent erfüllt. Anders formuliert: Für sechs Euro an Forderungen wurde ein Euro tatsächlich zurückgezahlt.

Bei LTU gab es keine Pleite, dafür musste der Steuerzahler vorher ran. Der Düsseldorfer Ferienflieger war nach der Pleite des Schweizer Großaktionärs SAir und den Anschlägen in den USA 2001 in Schieflage geraten. Das Pokerspiel um die Rettung endete damit, dass die WestLB und die Stadtsparkasse Düsseldorf einen 100-Millionen-Kredit bereitstellten, den das Land NRW zu 90 Prozent absicherte. Ausgerechnet die WestLB, die mit ihrem Engagement den Hannoveraner Rivalen Tui erst so richtig stark gemacht hatte, musste die LTU retten. Zudem gab es eine Rückbürgschaft durch Rewe, das den SAir-Anteil zwischenzeitlich übernommen hatte und für den Betrieb seiner Touristiksparte auf die LTU-Maschinen angewiesen war. Acht Jahre später war LTU trotzdem Geschichte, übernommen von Air Berlin, das nach dem Kauf der Anteile 2007 sukzessive den Traditionsnamen strich.

In anderen Fällen haben Entscheider von vornherein auf Bürgschaften verzichtet - aus der Erkenntnis heraus, dass solche Garantien vorübergehend wie ein Sauerstoffzelt wirken, auf Dauer einen schwerkranken Patienten aber auch kaum retten können. Einer der prominentesten Fälle der jüngeren Vergangenheit, in denen Hilfen verweigert wurden, war die Drogeriemarktkette Schlecker. Deren Sterben vollzog sich 2012 in mehreren Akten: Erst lehnte es der Bund ab, in die Bresche zu springen, dann konnten sich die Beteiligten nicht auf eine gemeinsame Transfergesellschaft aller Bundesländer einigen, zum Schluss wollten auch Bayern und NRW nicht mehr, die bis dahin mit Baden-Württemberg, dem Heimatland der Schleckers, den letzten Funken Hoffnung aufrechterhalten hatten.

Auch bei Karstadt zerschlugen sich die Hoffnungen auf staatliche Hilfe. Binnen Stunden lehnte die Bundesregierung im Juni 2009 sowohl eine Bürgschaft als auch einen Notkredit der Staatsbank KfW für die Konzernmutter Arcandor ab. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick hatte damals gleichzeitig eine Staatsbürgschaft für Kredite über 650 Millionen Euro sowie einen Notkredit über 437 Millionen Euro beantragt. Er scheiterte; kurz darauf mussten Arcandor und die Warenhaus-Tochter Karstadt einen Insolvenzantrag stellen. Karstadt ist mittlerweile auf Erholungskurs - ohne Staatshilfe.

Bei Opel wiederum stand 2009 schon ein staatlich garantierter Überbrückungskredit, nachdem der Verkauf der deutschen Tochter des US-Autobauers General Motors (GM) an den Zulieferer Magna und die russische Sberbank beschlossen worden war. Ein halbes Jahr später vollzog GM die Wende, blies den Verkauf ab und zahlte Staatshilfen zurück. Dafür war Sparen angesagt. Ein Opfer: das Opel-Werk Bochum, in dem Ende 2014 die Zafira-Fertigung eingestellt wurde.

(RP)
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