In den roten Zahlen Bei Thyssenkrupp regiert das Prinzip Hoffnung

Düsseldorf · Das Stahlgeschäft verhagelt dem Essener Konzern das erste Quartal. Die EU-Kommission will der Branche nun beispringen.

 Thyssenkrupp leidet unter dem Billigstahl aus Fernost.

Thyssenkrupp leidet unter dem Billigstahl aus Fernost.

Foto: dpa

Bislang war Thyssenkrupp vor allem dank seines Sparkurses eine Insel der Glückseligen. Die Stahlschwemme aus China traf zwar auch den Essener Industrie-Konzern, aber die Bilanz fiel bislang unterm Strich positiv aus.

Entsprechend konnten die Thyssenkrupp-Arbeitnehmervertreter deutlich selbstbewusster in den Stahl-Tarifverhandlungen auftreten als so manch anderer Kollege von der stärker gebeutelten Konkurrenz.

Doch damit scheint nun Schluss zu sein. Die Zahlen für das erste Quartal zeigen deutlich, dass vor allem der Billig-Stahl aus Fernost und schwache Geschäfte in Südamerika dem deutschen Branchenprimus das Geschäft vermiesen.

"Höhere Dividende kein Problem"

Der Umsatz im europäischen Stahlgeschäft belief sich auf 1,7 Milliarden Euro und ging damit um 13 Prozent gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres zurück, auf dem amerikanischen Markt lag der Umsatz bei 350 Millionen Euro und damit sogar 30 Prozent unter dem Wert des Vorjahrs. Das Ergebnis bei Steel Europe lag mit 51 Millionen Euro nahezu um eine Drittel unter dem Vorjahreswert, Steel Americas verzeichnete sogar einen Verlust von 74 Millionen Euro. Trotz des soliden Geschäfts mit Aufzügen und Industrieanlagen musste Thyssenkrupp unterm Strich einen Verlust von 23 Millionen Euro verkraften.

Dennoch, erklärte Finanzvorstand Guido Kerkhoff, halte man an der Prognose für das laufende Jahr fest. Und auch die beschlossene höhere Dividende sei kein Problem. Diese schlage mit nur 80 Millionen Euro zu Buche. Das sei eine "Anpassung auf sehr schmalem Niveau" und stelle keine "so gewaltige Summe" dar, so der Manager.

Bei Thyssenkrupp regiert derzeit das Prinzip Hoffnung. Jedenfalls erklärte Kerkhoff, dass man mit einer Erholung des Stahlmarktes in der zweiten Jahreshälfte rechne. "Wir sehen eine Bodenbildung bei den Preisen in Europa und leicht steigende Preise in den USA."

Hilfe aus Brüssel

Dass sich aber auf dem europäischen Markt etwas tun muss, bestreitet auch der Essener Konzern nicht. Der Finanzvorstand erklärte, der Konzern sei bereit, an einer Konsolidierung der Branche teilzunehmen. Das Thema Überkapazitäten müsse adressiert werden.

Eine grundsätzliche Abkehr vom Stahlgeschäft schloss Kerkhoff aber aus, indem er wie Konzernchef Heinrich Hiesinger die "Strategie des diversifizierten Industriekonzerns" pries. Dabei dürfte angesichts der Stahlmisere der Großaktionär Cevian einmal mehr fordern, Sparten wie den Stahl zu verkaufen. Bislang hat Hiesinger das erfolgreich verhindert.

Unterdessen springt die EU-Kommission den Stahlkochern zur Seite und geht verstärkt gegen Billigimporte vor. Auf bestimmte Einfuhren aus China und Russland sollen Anti-Dumping-Zölle erhoben werden, wie die EU-Kommission ankündigte. Sie brachte zudem drei neue Anti-Dumping-Untersuchungen gegen Stahllieferungen aus der Volksrepublik auf den Weg. EU-Handelskommissarin Cecilia Malström betonte, alles zu unternehmen, um Waffengleichheit unter den Produzenten zu erreichen. Thyssenkrupp-Chef Hiesinger begrüßte den Schritt: "Wir haben keine Angst vor dem Wettbewerb, aber wir wollen einen Wettbewerb, bei dem die Preise auf den Kosten basieren."

Demonstration am Montag

Den Hilfen aus Brüssel war ein Brandbrief von sieben europäischen Wirtschaftsministern - darunter auch Sigmar Gabriel - vorausgegangen. Diese hatten ein härteres und schnelleres Durchgreifen gegen den Billigstahl aus China gefordert. Es bestehe die akute Gefahr, dass die europäische Stahlindustrie angesichts der ohnehin bestehenden Überkapazitäten kollabiere.

Die Ankündigung weiterer Schutzmaßnahmen der Kommission kommt zudem unmittelbar vor Protesten der Branche in Brüssel. Für Montag ist ein Demonstrationszug mit rund 4500 Stahlbeschäftigten gemeinsam mit Managern und Verbandsvertretern geplant. Die Demonstranten wollen verhindern, dass China Ende des Jahres den Status einer Marktwirtschaft erhält. Damit wären dann protektionistische Maßnahmen der EU nahezu unmöglich.

(maxi)
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