Stuttgart Ex-VW-Chef wird Aufseher von Daimler
Stuttgart · Bei BMW setzte Bernd Pischetsrieder Milliarden in den Sand, bei VW ging er vorzeitig – er wird also vor Problemen warnen. Außerdem zieht Siemens-Chef Joe Kaser in den Aufsichtsrat von Daimler ein – der hat aber wenig Zeit.
Bei BMW setzte Bernd Pischetsrieder Milliarden in den Sand, bei VW ging er vorzeitig — er wird also vor Problemen warnen. Außerdem zieht Siemens-Chef Joe Kaser in den Aufsichtsrat von Daimler ein — der hat aber wenig Zeit.
Der Daimler-Konzern sorgt mit zwei ungewöhnlichen Personalien für eine Diskussion in der deutschen Industrie: Ausgerechnet Bernd Pischetsrieder, viele Jahre lang VW-Chef und dann aus dem Amt gedrängt, wird 2014 neuer Aufsichtsrat des Autokonzerns, ebenso Joe Kaeser, Vorstandschef von Siemens seit kurzer Zeit.
Dabei hatte der jetzt 65-Jährige Maschinenbau-Ingenieur Pischetsrieder früher sogar einige Jahre lang als BMW-Chef gearbeitet, einem der Hauptkonkurrenten von Daimler seit Jahrzehnten. "Fachkenntnis bringt Pischetsrieder ja ohne Zweifel mit", kommentiert der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Duisburger CAR Zentrum für Automobilwirtschaft die Entscheidung. Er ergänzt: "Seine Erfahrungen von spektakulärem Scheitern von Großinvestitionen kann im Aufsichtsrat vielleicht sogar helfen, neue gefährliche Abenteuer zu vermeiden."
Konkret gemeint ist, dass Pischetsrieder für das wohl zweitteuerste Fiasko der deutschen Autobranche im Ausland verantwortlich war. Er verantwortete als BMW-Chef die Übernahme des britischen Autobauers Rover, die nach einem Verlust von einigen Milliarden Euro mit dem Rückzug endete. Noch schlimmer endete nur das zeitweilige Bündnis von Daimler mit dem US-Konkurrenten Chrysler.
Nicht minder interessant ist die geplante Berufung von Joe Kaeser in den Aufsichtsrat von Daimler. Einerseits gilt der 56-Jährige Betriebswirt als exzellente Wahl, da er als langjähriger Finanzvorstand mit hohem Verständnis für Technik viele gute Ratschläge geben kann.
Joe Kaeser kann auch exzellent auftreten, und er hat ein halbwegs gutes Verhältnis zu der sowohl bei Siemens wie bei Daimler tonangebenden Gewerkschaft IG Metall. Außerdem hat er lange in den USA gearbeitet und bringt viele für das Unternehmen wertvolle internationale Kontakte mit.
Andererseits hat Kaeser bereits zwei andere Aufsichtsratsmandate und führt mit Siemens einen der komplexesten und schwierigsten Konzerne Deutschlands. Immerhin hat Siemens mehr als 300 000 Mitarbeiter. "Das Image und Fachwissen von Kaeser sind sicherlich hervorragend", meint denn auch Wirtschaftsprofessor Dudenhöffer, "aber wie er sich tief in die Probleme von Daimler einarbeiten will, ist eine spannende Frage."
Dabei entwickelt sich Daimler ebenso wie Siemens immer mehr zum Global Player, bei dem das Heimatland Deutschland eine immer kleinere Rolle spielt. So hat Daimler vor einem Jahr mit Hubertus Troska einen Vorstand fast nur für das China-Geschäft ernannt. Der zog gestern eine Bilanz seines Wirkens.
Troska rechnet im kommenden Jahr beim Absatz im bevölkerungsreichsten Land der Welt noch nicht mit großen Sprüngen. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in China ordentlich wachsen werden", sagte er anlässlich des Jahrestags seiner Berufung zum Vorstand. Die "echten Volumina" kommen für Daimler ihm zufolge jedoch erst 2015. Bis dahin wollen die Schwaben in der Volksrepublik 300 000 Autos verkaufen.
Zahlen für 2014 nannte Troska nicht. "Der Weg, den wir gehen werden in 2014, ist ein anderer", kündigte Troska an. Statt auf die Absatzzahlen konzentriere sich Daimler zunächst darauf, die Marke Mercedes-Benz in China besser darzustellen. Zuletzt seien dort einzelne Modelle deutlich zu günstig in den Markt gedrückt worden. Dem Autobauer hatten in China zwei getrennte Vertriebsorganisationen zu schaffen gemacht, die sich gegenseitig Konkurrenz machten.