Fit für die Zukunft Mit Chinesisch zum Job

Mönchengladbach/Köln (RP). Wer in Asien Geschäfte machen will, braucht mehr als nur ein solides BWL-Studium. Ohne Kenntnis der Sprache und der Kultur geht nichts. Das wissen immer mehr Studenten - und machen sich fit für den Markt der Zukunft.

Ein Orchideenfach - das war das Fach Sinologie bisher. Das Studium der chinesischen Sprache und Kultur galt als interessant, zeitaufwändig, schwierig - also nur etwas für Exoten, die nicht die Karriereleiter erklimmen wollen. Doch das hat sich geändert: Parallel zum Aufwärtstrend der chinesischen Wirtschaft verbuchen deutsche Universitäten, die die Fächer Regionalwissenschaften Ostasien und Sinologie anbieten, steigende Bewerberzahlen. Denn: Seit dem China-Boom der vergangenen Jahre ist das Fach zum Karriere-Sprungbrett geworden.

Allein in Nordrhein-Westfalen hat sich die Zahl der Sinologie-Studenten innerhalb der vergangenen fünf Jahre verdreifacht. Und auch die Berufschancen der früher belächelten Absolventen steigen kontinuierlich. Jan Silanoglu aus Mönchengladbach etwa ist gerade aus China zurückgekommen. Ein Jahr lang hat der 21-Jährige an der Fudan-Universität in Shanghai Mandarin gelernt. Nun wird er in Maastricht International Business studieren: "Ich war vor zwei Jahren das erste Mal dort, seitdem bin ich von der Kultur fasziniert. Nach dem Studium möchte ich dort auf jeden Fall beruflich tätig werden", sagt er.

Job-Chancen für China-Experten

Wolfgang Kubin, Professor für Sinologie an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sieht enorme Job-Chancen für China-Experten: "Wer in Asien Geschäfte machen will, sollte die Spielregeln kennen. Daher werden Sinologie-Absolventen von deutschen Unternehmen im Moment händeringend gesucht." Die Zahl der Studenten habe sich in Bonn im Vergleich zu den 90er Jahren verzehnfacht: "Der Studiengang ist zum Massenfach geworden", erklärt der Professor.

Während Jan Silanoglu bereits die ersten 3.000 chinesischen Schriftzeichen gepaukt hat, steht Gerrit Mensing aus Grevenbroich noch einiges bevor. Der Student belegt an der Universität zu Köln seit einem Semester das Fach Regionalwissenschaften Ostasien. Bisher ging es da mit Mathematik und Prozessdesign eher trocken zu, doch im zweiten Semester steht nun Chinesisch auf dem Stundenplan. "Ich wollte nicht nur BWL machen. In diesem Fach lernt man neben Rechnungswesen auch Sprache und Kultur. Später geht es dann ins Ausland, wo man die Kultur erleben kann", erklärt der 21-Jährige. Mit Betriebswirtschaftslehre im Nebenfach hat er eine Kombination mit Zukunft gewählt. Im Fach Regionalwissenschaften Ostasien kann man sich aber auch auf Politik oder Jura spezialisieren.

Sprachbegabung allein reicht nicht

Sowohl Jan Silanoglu als auch Gerrit Mensing wollen später in der chinesischen Wirtschaft Fuß fassen. Und sie haben noch etwas gemeinsam: Beide sind sprachbegabt. Doch dieses Talent alleine reicht im fernen Osten nicht aus. "Das interkulturelle Wissen ist besonders wichtig. Wer bei Geschäftsverhandlungen sofort aufs Ziel losmarschiert, tritt schnell ins Fettnäpfchen", erklärt Professor Helmolt Vittinghoff, Direktor des sinologischen Instituts in Köln. Die Chinesen seien da sensibel. Gewisse Rituale müssten eingehalten werden, sonst gelte man als unhöflich.

Gerrit Mensing hat da bereits so seine Erfahrungen gesammelt: "Wenn es bei einem Geschäftsessen am Tisch laut wird, weiß man, dass die Verhandlungen gut laufen. Andererseits gilt Naseputzen in der Öffentlichkeit als unhöflich. Das war für mich natürlich eine Umstellung", berichtet der Student.

Leute wie Jan Silanoglu und Gerrit Mensing, die zweigleisig fahren und sowohl Wirtschaftskompetenz als auch Sprachkenntnisse aufweisen, sind bei deutschen Unternehmen begehrt. "In China wartet niemand auf einen Ausländer, der nur chinesisch spricht", sagt Professor Wolfgang Kubin.

Zumal die Konkurrenz nicht schläft. Die neue Generation chinesischer Studenten ist zielstrebig und jung: "Sie legen dort ein ziemlich hohes Tempo vor", sagt Jan Silanoglu. "Wenn wir abends noch eine Stunde gelernt haben, machten sie eine halbe Nacht daraus."

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