Großes Problem für Geringverdiener Warum Wohnen immer teurer wird

Düsseldorf · Die Debatte um Maklergebühren hat den Blick auf die Auswüchse des Wohnungsmarktes gelenkt. In den NRW-Hochburgen Düsseldorf, Köln, Bonn und Münster sind die Preise so hoch, dass Geringverdiener kaum noch Wohnungen finden. Die Politik scheitert an der Komplexität des Marktes.

Zehn wichtige Fakten aus dem Immobilienbericht 2012
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Foto: dpa, Nicolas Armer

Mit der Forderung nach einer Befreiung der Mieter von den Maklergebühren hat die rot-grüne Landesregierung Anfang der Woche eine bundesweite Debatte ausgelöst. Neben den Maklerkosten rücken dabei zunehmend die allgemeinen Wohnkosten in den Fokus, die in wirtschaftlich starken Städten wie Düsseldorf, München oder Hamburg seit 2009 um bis zu 20 Prozent gestiegen sind.

Extreme wie diese verwandeln die ökonomische Debatte gerade in eine politische: Welche Einwohner will eine Stadt eigentlich haben? Und welche Wohnungspolitik führt zu welchem Einwohner-Mix?

Einige Kommunen in NRW reagieren bereits und planen neue Förderprogramme für Wohnungsbau-Investoren oder Entlastungen für Mieter und junge Familien. Das Problem der Politik: Weil der Wohnungsmarkt extrem differenziert ist, gibt es keine Patentrezepte. Beim Vergleich der wichtigsten Untersuchungen zum NRW-Wohnmarkt fallen nur wenige stabile Trends auf:

Regionale Schere Die immer schon großen regionalen Preisunterschiede für Miet- und Kaufimmobilien haben sich in den letzten fünf Jahren noch weiter vergrößert. Während es im bevölkerungsreichsten Bundesland weite Teile etwa im Ruhrgebiet und im Sauerland gibt, wo Kaufpreise und Mieten sinken, stieg die Kaltmiete etwa in Düsseldorf allein im vergangenen Jahr im Schnitt um 6,4 Prozent, in Aachen um 7,7 Prozent und in Münster um 4,4 Prozent.

Mikro-Lage Auch innerhalb einer Stadt klaffen die Wohnpreise immer stärker auseinander. Die unmittelbare Nachbarschaft gewinnt immer mehr Einfluss. Das bedeutet zum Beispiel für Städte mit stark rückläufiger Bevölkerung wie Gelsenkirchen oder Duisburg: Leer stehende Immobilien, die Eigentümer wegen der schwachen Nachfrage verwahrlosen lassen, beeinträchtigen den Wohnwert der gesamten Nachbarschaft stärker als früher.

Umgekehrt hat ein attraktives neues Einkaufszentrum in der Nachbarschaft oder die Verkehrsberuhigung einer Straße preistreibenden Einfluss auf den Bestand nebenan.

Wohnungsgröße Wegen der demografischen Entwicklung (immer mehr Ältere, immer weniger junge Familien) nimmt der Wohnflächen-Verbrauch pro Kopf zu. Weil es immer mehr ältere alleinstehende Menschen und jüngere Singles gibt, gibt es auch immer mehr Ein-Personen-Haushalte.

Dieser Trend verknappt das Angebot in wachsenden Städten zusätzlich und wirkt preistreibend. Gleichzeitig wächst die Durchschnittsgröße der Wohnungen, was zudem die Heizkosten in die Höhe treibt. In Roetgen bei Aachen etwa beträgt die durchschnittliche (!) Wohnungsgröße inzwischen 97 Quadratmeter.

Ausstattung Ähnlich wie bei Autos wird auch bei Wohnungen das Innenleben immer wichtiger. Wohnungen ohne Balkon gelten in vielen Regionen als kaum noch vermittelbar. Da sich die Energiekosten seit 1995 um 110 Prozent verteuert haben, spielt auch der energetische Zustand einer Wohnung eine immer wichtigere Rolle.

Wie gut sind Fenster und Wände isoliert? Wie effektiv ist die Heizung? Gibt es kostengünstige Heizmöglichkeiten wie Erdwärme oder Solarthermie? Indikatoren wie zurückliegende Heizungsabrechnungen oder der Energieausweis, der den Energiebedarf eines Gebäudes ausweist, gehören inzwischen zu den wichtigsten Bewertungskriterien für Immobilien.

Mietbelastung Im Verhältnis zu ihrem verfügbaren Einkommen geben die Bürger in NRW immer mehr Geld fürs Wohnen aus. Die Preise für das Mieten und Kaufen spielen dabei — zumindest in statistischer Hinsicht — eine nachrangige Rolle. Sie haben regional zwar erheblichen Einfluss auf die Haushaltsbelastung, allerdings gleichen die je nach Region positiven oder negativen Entwicklungen sich in der Durchschnittsbetrachtung aus.

Anders hingegen die Kosten für die "zweite Miete", die vor allem aus Strom- und Heizkosten besteht. Sie haben den Kostenanteil fürs Wohnen an den Gesamtausgaben der Haushalte zuletzt stark getrieben. Bewohner der Kölner Altstadt (Süd) geben aktuell im Schnitt 36 Prozent ihrer Kaufkraft fürs Wohnen aus. Bewohner der münsterischen Innenstadt 31 Prozent und in Düsseldorf-Friedrichstadt 23 Prozent.

Das Beispiel zeigt auch die Tücken der Statistik: Aus den Zahlen geht keineswegs hervor, dass Wohnen in Köln teurer ist als in Düsseldorf. In Düsseldorf verdienen die Bürger nur mehr: Im Schnitt beträgt die Kaufkraft pro Kopf und Jahr in Düsseldorf 24177 Euro und in Köln 21909 Euro.

(RP/csi)
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