Kulturwandel auf Großbaustellen Bessere Planung für bessere Großprojekte

Berlin · Zwei Jahre lang haben Experten mit dem Bundesverkehrsministerium versucht, Lehren aus finanziellen Desastern wie Stuttgart21 oder dem Flughafen BER zu ziehen. Nun soll es einen Kulturwandel auf Großbaustellen geben.

Sind die Deutschen überhaupt noch in der Lage, große Bauvorhaben pünktlich und im verfügbaren Finanzrahmen fertigzustellen? Diese Frage drängt sich jedem auf, der die vielen Pannenprojekte in der Republik zählt. Egal ob beim Flughafen BER, bei Stuttgart21 oder der Hamburger Elbphilharmonie: Bei fast jedem Bauprojekt mit staatlicher Beteiligung gibt es explodierende Kosten und Zeitverzögerungen. Um das zu ändern und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Bauindustrie wiederherzustellen, hat eine Reformkommission beim Bundesverkehrsministerium jahrelang beraten und nun einen Bericht vorgelegt. Wichtigste Erkenntnis der Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik: künftig früher und besser planen.

Der einstige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte die 35-köpfige Runde vor gut zwei Jahren im April 2013 ins Leben gerufen. Erstmals saßen sich dort Vertreter der Bauindustrie, Architekten, Lobbyisten und Wissenschaftler gegenüber. Ramsauers Nachfolger Alexander Dobrindt (CSU) setzte die Arbeit des Gremiums fort und will nun auf Basis des gestern vorgelegten Berichts einen Aktionsplan erarbeiten, der im Herbst ins Kabinett kommen soll. Daraus will Dobrindt zudem Gesetze schaffen, um teure Baupannen in Zukunft einfacher vermeiden zu können.

In dem Bericht raten die Fachleute nun etwa davon ab, auf Grundlage von Teilgenehmigungen schon mit dem Bau zu beginnen oder Aufträge einfach an den billigsten Bewerber zu vergeben. Risiken, die realistischerweise eintreten können, sollten gleich im Haushalt berücksichtigt werden. Zudem schlägt die Kommission die Einrichtung von Kompetenzzentren der öffentlichen Hand vor, an die sich Bauherren wenden können, wenn sie selbst nicht mehr weiter wissen.

Dobrindt sagte gestern vor Journalisten: "Mit dem Aktionsplan ist es unser Ziel, einen Kulturwandel bei Großprojekten einzuleiten: Mit mehr Partnerschaftlichkeit zu mehr Kostentransparenz und Termintreue." Er setzt dabei auch auf neue digitale Methoden - etwa Instrumente, die durch die Vernetzung großer Datenmengen Auswirkungen einer Änderung in einem Bereich für alle anderen Bereiche sofort sichtbar machen. Der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Thomas Bauer, wies darauf hin, dass die Kommission erst dann ein Erfolg sei, wenn nun auch die Umsetzung funktioniere. Auch Bahn-Vorstand Volker Kefer betonte, dass noch deutliche Anstrengungen erforderlich seien.

Ob der neue Werkzeugkasten tatsächlich dazu führt, dass Bauvorhaben pünktlich und kosteneffizient aus dem Boden gestampft werden, soll nun an vier Pilotprojekten getestet werden. Eines davon ist der achtstreifige Ausbau der Autobahn 40 in Duisburg, einschließlich der Rheinbrücke. Die Kommission kündigte gestern jedoch an, nun keinen Schlussstrich zu ziehen. Sie wird wohl weiter am Ruf der deutschen Bauindustrie arbeiten.

(jd)
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