Düsseldorf Bessere Terrorabwehr an den Bahnhöfen

Düsseldorf · Die Bahn will 500 Sicherheitskräfte einstellen. Zudem sollen großflächig Körperkameras zum Einsatz kommen.

Züge und Bahnhöfe gehören schon länger zu den Zielen von Terroristen. So versuchte im August 2015 ein Islamist einen Anschlag auf den französischen Schnellzug Thalys. Nur dank einer Ladehemmung seines Gewehrs und des Eingreifens der Fahrgäste wurde Schlimmeres vereitelt. Nach den Anschlägen von Paris im November mussten sich Thalys-Kunden an Sicherheitsschleusen durchleuchten lassen. Und seit dem Axt-Angriff in einem Zug in Würzburg, dem Bombenattentat von Ansbach und dem Amoklauf von München steigt auch hierzulande die Angst.

Dass sich Bahnkunden demnächst früher auf den Weg zum Bahnhof machen müssen, um sich aufwendigen Kontrollen zu unterziehen, ist unwahrscheinlich. Das stellte gestern Bahn-Chef Rüdiger Grube bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen klar. Die Bahn sei ein offenes System. "Eine 100-prozentige Sicherheit wird es nicht geben. Sicherheitsschleusen sind etwas, das ich mir zurzeit nicht vorstellen kann", sagte er. Doch der Konzern will die Terrorabwehr stärken. Grube kündigte an, bei der DB Sicherheit 500 zusätzliche Mitarbeiter einzustellen. Damit hätte die Bahntochter 4200 Beschäftigte. "Ein Drittel davon wird an Bord der Züge eingesetzt, zwei Drittel an den Bahnhöfen", erläuterte Grube. Hinzu kämen 5000 Beschäftigte der Bundespolizei.

Die Videoüberwachung wird ausgebaut. Derzeit testet die Bahn unter der Federführung von Vorstandsmitglied Ronald Pofalla den Einsatz sogenannter Body-Cams, also an der Kleidung getragenen Kameras, mit denen der Konzern die Mitarbeiter "flächendeckend bis Januar 2017" ausrüsten will.

Der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, sagte unserer Redaktion, es sei gut und richtig, dass die Bahn die Sicherheit erhöhe und das Personal entsprechend aufstocke und ausrüste - nicht nur zum Schutz der Fahrgäste, sondern auch des Zugpersonals. "Die Pläne müssten aber noch viel weitergehen: Im Regionalverkehr verzichten die Verkehrsverbünde inzwischen bei der Ausschreibung oft absichtlich darauf, dass ausgebildete Eisenbahner an Bord sind, und besetzen die Züge stattdessen mit wenigen ungelernten Kräften. Das ist in einer angespannten Sicherheitslage unverantwortlich", so der GDL-Chef.

Die Terror-Bedrohung ist nicht die einzige Baustelle der Bahn. Dem bundeseigenen Unternehmen machte im ersten Halbjahr der Wettbewerb sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr zu schaffen, wie Grube sagte. Die kriselnde Güterbahn DB Cargo büßte Umsatz ein, konnte aber ihren Verlust verringern. Auch das Geschäft im Regionalverkehr war zuletzt schwierig. Grube erklärte, um nicht weitere lukrative Aufträge an die Konkurrenz zu verlieren, werde die Bahn mit "Mobilitätsgesellschaften" bei Ausschreibungen antreten. Bei diesem Konstrukt handelt es sich um Bahntöchter, die unterhalb des DB-Tarifvertrags einstellen - so will die Bahn im Wettbewerb mit den Privatbahnen bestehen können.

Die Gewerkschaften reagierten zurückhaltend auf die Pläne: "Lohndumping, um auf Kosten der Beschäftigten an Aufträge zu kommen, wird es mit uns nicht geben", sagte der Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner. Die Arbeitnehmervertreter der EVG im Aufsichtsrat hätten die Zusage des Bahnvorstandes erwirkt, dass dieser Grundsatz zunächst weiterhin gelte.

GDL-Chef Weselsky sagte: "Es ist natürlich der Bahn überlassen, solche Töchter zu gründen. Nur muss Herrn Grube klar sein: Wenn in diesen Gesellschaften auch Lokomotivführer und Zugbegleiter beschäftigt sind, gilt unser bundeseinheitlicher Flächentarifvertrag. Löhne darunter werden wir nicht akzeptieren." Die DB habe 2011 schon einmal einen Anlauf für Billig-Gesellschaften gestartet. "Die sind dann auf unseren Druck hin ganz schnell wieder in der Schublade verschwunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bahn so geschichtsvergessen ist, dass sie jetzt einen erneuten Versuch startet", so Weselsky.

Unterm Strich trieben Grubes Sparkurs und ein besseres weltweites Frachtgeschäft den Betriebsgewinn im ersten Halbjahr auf eine Milliarde Euro - damit lag er um 13 Prozent über dem Vorjahr. In den Fernverkehrszügen fuhr eine Rekordzahl von Passagieren, was sich beim Gewinn aber wegen zahlreicher Sonderangebote kaum bemerkbar machte.

(maxi)
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