Frankfurt Betriebsrenten sind noch sicher

Frankfurt · Die Mini-Zinsen schaffen Probleme in der betrieblichen Altersvorsorge. Konzerne kommen noch gut über die Runden.

Die 30 im Deutschen Aktien-Index (Dax) geführten Unternehmen haben im vergangenen Jahr ihre Pensionsverpflichtungen zurückfahren können und das für die betriebliche Altersvorsorge vorgesehene Vermögen gesteigert. Das geht aus einer Studie der Unternehmensberatung Willis Towers Watson hervor. "Alle Unternehmen sind voll finanziert", sagte Thomas Jasper, bei Willis Towers Watson für den Bereich Altersvorsorge zuständig.

Der Studie zufolge sanken Pensionsverpflichtungen um 2,4 Prozent auf 364 Milliarden Euro. Ein Grund dafür ist der im vergangenen Jahr leicht gestiegene Rechnungszins, der als Grundlage für die Bewertung herangezogen ist. Dieser bemisst sich an Renditen von Unternehmensanleihen erster Bonität.

Gleichzeitig wuchs das für Betriebsrenten zurückgelegte Vermögen um 2,9 Prozent auf 235 Milliarden Euro. Dass zwischen den Verpflichtungen und den Rücklagen eine Lücke klafft, ist nicht ungewöhnlich. Die Konzerne füllen diese durch im Betrieb befindliches Vermögen, wie zum Beispiel Grundstücke. Im Schnitt haben die Dax-Konzerne ihre Verpflichtungen zu 65 Prozent ausfinanziert, was einen leichten Anstieg gegenüber 2014 bedeutet.

Bei diesem Ausfinanzierungsgrad gibt es allerdings große Unterschiede. So hält beispielsweise die Deutsche Bank ihre Verpflichtungen zu 100 Prozent vor, während der Stahlkonzern Thyssenkrupp nur auf eine Quote von 24 Prozent kommt. Der Dax-Neuling Vonovia bringt es nur auf vier Prozent, was aber nicht heißen muss, dass der Immobilienkonzern ein unsicherer Kantonist in Sachen Betriebsrenten ist. "Die Bandbreite reflektiert die Vielfalt der Geschäftsmodelle", heißt es.

Die höchsten Verpflichtungen dürfte erneut der Volkswagen-Konzern haben (38,9 Milliarden Euro), dessen Bilanz jedoch noch nicht vorliegt. Auf den weiteren Plätzen folgen Siemens (36,8 Milliarden Euro) und Daimler (28,8 Milliarden Euro). Siemens verfügt mit 27,3 Milliarden Euro über das höchste Planvermögen, gefolgt von Daimler (20,3 Milliarden Euro). Wobei die Stuttgarter am stärksten zugezahlt haben. Die sogenannte Dotierung lag bei 1,9 Milliarden Euro.

Die niedrigen Zinsen haben aber im Jahr 2015 überhaupt zu sehr hohen Einzahlungen geführt. "Die Unternehmen haben ordentlich reingebuttert", sagte Alfred Gohdes, ein weiterer Autor der Studie.

Ansonsten hat sich die Anlagepolitik der Unternehmen stetig geändert. So ist der Anteil inzwischen schlecht verzinster Anleihen im Portfolio deutlich gesunken. Der Aktienanteil blieb mit 22 (Vorjahr: 21) Prozent weitgehend konstant. "Die Unternehmen begegnen der Herausforderung mit der Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten, ohne zu hohe Risiken einzugehen", erklärte Jasper. Ein Beispiel seien Beteiligungen (Private Equity). Auf diese Weise können die Unternehmen ihre gegebenen Zinsversprechen halten. "Die Unternehmen haben ein großes Risiko für die Unternehmen zu einem kleinen Risiko für die Mitarbeiter gemacht", so Jasper.

Das ist ein Grund, warum Konzerne vergleichsweise gut in Sachen betrieblicher Altersvorsorge dastehen, während kleinere Unternehmen und vor allem die öffentliche Hand vor Problemen stehen. Versicherer - bei denen viele Betriebe, Städte und Kommunen anlegen - kommen nur auf eine Aktienquote von sieben Prozent. Öffentlich-rechtliche Arbeitgeber stehen zudem wegen der Schuldenbremse unter immensem Spardruck. Länder, Städte und Gemeinden wollen deshalb ran an die betriebliche Altersvorsorge. Arbeitnehmer sollen entweder am Ende weniger bekommen oder höhere Beitragszahlungen leisten. Die Forderung stößt in den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst auf heftigen Widerstand. "Das ist ein No-go", sagte Frank Bsirske. Die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben wissen, was sie an der betrieblichen Altersvorsorge haben, angesichts einer drohenden Altersarmut für Millionen", so der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Generell sind aber die Arbeitnehmer bereit, mehr für das Alter vorzusorgen. Dabei gehen auch die Konzerne neue Wege. Der Maschinenbauer MAN etwa vergütet Überstunden nicht mehr mit Freizeitausgleich. Die geleistete Mehrarbeit fließt in die Betriebsrentenkasse.

(RP)
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