Seattle Bill Gates arbeitet an Eau de Toilette

Seattle · Der Microsoft-Gründer engagiert sich seit Jahren im Kampf gegen Armut und für eine bessere Welt. Mit einem ungewöhnlichen Projekt sollen nun die Hygienebedingungen in armen Ländern verbessert werden.

Ein Parfüm, das nach Ausscheidungen riecht? Das Unternehmen Firmenich, mit dem der Milliardär Bill Gates für sein aktuelles Charity-Projekt zusammenarbeitet, kreiert eigentlich angenehme Düfte. Diesmal ist es anders. Ziel: Die Wissenschaftler wollen die Hygienebedingungen in armen Ländern verbessern.

Unterstützt werden sie dabei von Microsoft-Gründer Bill Gates. Auf seinem Blog "gatesnotes" berichtete der Unternehmer kürzlich von dem ungewöhnlichen Forschungsprojekt. Wie Gates im zugehörigen Youtube-Video "Smells of Success" erklärt, haben viele Menschen in armen Ländern keinen Zugang zu richtigen Toiletten, was dazu führt, dass sie krank werden. Rund 800.000 Kinder sterben jährlich aufgrund mangelnder Hygiene - wegen Durchfallerkrankungen, Lungenentzündungen und anderen Infektionen, die auf unreines Wasser zurückzuführen sind. Neben dem großen Leid entstehe laut Gates auch ein enormer wirtschaftlicher Schaden - in Indien kosten schlechte Sanitäranlagen jährlich umgerechnet um die 55 Milliarden US-Dollar (ungefähr 51,7 Milliarden Euro).

Der Grund für die schlechten Grundwasserwerte sei, dass die Menschen die vorhandenen öffentlichen Toiletten nicht benutzen, weil sie schlecht riechen würden, sagt Gates. Teilweise handelt es sich um simple Plumpsklos. Viele bevorzugen es, draußen im Freien ihr Geschäft zu verrichten - wodurch Bakterien ins Grund- und Trinkwasser geraten. Die einfachste Lösung, um die Toilettennutzung zu fördern, glaubt Gates, sei es, den üblen Geruch dort zu mindern oder verschwinden zu lassen.

Wissenschaftler des Genfer Unternehmens Firmenich untersuchten zunächst die Toiletten in den Dritte-Welt-Ländern, um herauszufinden, was den Gestank hervorruft - die exakten chemischen Verbindungen, die schlechte Gerüche verursachen, wurden erforscht. Menschen in der Schweiz, in Indien und in Afrika wurden zudem befragt, welche Gerüche dem einer Toilette ähnelten, um den Gestank synthetisch herzustellen.

Dieser extreme Beispielgeruch war Grundlage für den "Anti-Geruch", der dem großen Geruchsproblem letztlich Abhilfe schaffen soll. Die Lösung für das Problem ist nämlich nicht die reine Übertünchung des Gestanks, wie man es von Haushaltsprodukten kennt, so Gates, sondern eben ein "Anti-Geruch". Die Technik hinter diesem soll - auf molekularem Level - dem Prinzip des "Antischalls" oder "noise-cancelling"-Ohrhörern ähneln, wo sich Schallwellen durch destruktive Interferenz gegenseitig auslöschen. Rezeptoren in der Nase, die den Geruch erkennen, sollen geblockt werden, damit der Geruch gar nicht erst wahrgenommen wird. In einem Youtube-Video ist Gates bei diesem Test zu sehen - vom Ergebnis ist er offenbar überrascht.

Der Microsoft-Gründer, der seit Jahren als reichster Mensch der Welt gilt, engagiert sich seit dem Jahr 2000 gemeinsam mit seiner Frau Melinda mit einer gemeinsamen Stiftung gegen die Armut. Die Stiftung unterstützt Projekte für Bildung, fördert Innovationen im Bereich Energiegewinnung und setzt sich seit sechs Jahren vor allem für die wissenschaftliche Forschung für die Gesundheit in Drittweltländern ein.

Im Jahr 2013 etwa unterstützte Gates Indien erfolgreich im Kampf gegen Polio. Mit der geruchsfreien Toilette will Gates nun die Gewöhnung an neu gebaute Toiletten fördern. Pilotprojekte in Indien sollen die neue Technologie ab sofort in Form von Sprays und Pudern testen. Von US-Präsident Barack Obama wurde das Ehepaar Gates zuletzt für ihr Engagement mit der Freiheitsmedaille geehrt (siehe Bericht auf Seite A 6).

(RP)
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