Kolumne Karsten Tripp Bitcoins sind nichts für Geldanleger

Der Kurs der Kryptowährung ist mittlerweile auf mehr als 10.000 Dollar gestiegen. Doch die rechtlichen und technischen Unsicherheiten sind groß. Wer nicht gern ein Risiko eingeht, sollte von solchen Währungen die Finger lassen.

"Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht..." - die Älteren unter uns kennen das noch gut, war die Warnung vor Strafe doch jahrzehntelang praktischerweise gleich auf den D-Mark-Scheinen aufgedruckt. Nur der Staat darf Geld herstellen. Oder? Ganz so einfach ist es nicht, wenn wir an all die Bonusmeilen, Treuepunkte und Geschenkgutscheine denken, denen wir begegnen.

Doch es gibt einen wichtigen Unterschied: Seit gut 100 Jahren ist es üblich, dass der Staat ein "gesetzliches Zahlungsmittel" festlegt. Das muss jeder annehmen, der etwas verkaufen will. Wer schon mal hungrig auf der Suche nach einem Restaurant war, das die richtigen Menüschecks akzeptiert, weiß, wie hilfreich das ist. In den meisten Ländern nimmt sich der Staat dann gleich auch noch das Monopol auf die Herstellung seines Zahlungsmittels. Das ist clever, denn dieses Recht macht ihn zugleich reich und mächtig. Dafür begegnet dem Staat ein ständiger Argwohn - dass er sein Monopol nämlich beizeiten missbrauchen werde. Etwa durch übermäßiges "Gelddrucken" mit folgerichtiger Geldentwertung, also Verlust von Kaufkraft. Das muss nicht immer Hyperinflation sein. Auch ein schleichender Geldwertverlust von nur zwei Prozent pro Jahr führt nach 30 Jahren beinahe zu einer Halbierung der Kaufkraft.

Bringt uns die Digitalisierung auch für dieses Problem die Lösung? Fans von Bitcoins und anderer digitaler Währungen behaupten genau das. Denn die Grundidee der Kryptowährungen scheint alle Schwächen unseres Geldes zu beheben. Bitcoins & Co. sind vom Staat unabhängig, nicht beliebig vermehrbar und sehr sicher. Geschaffen werden digitale Währungen durch enorme Rechenarbeit von Computern. Wer sie zum Bezahlen einsetzt, veranlasst eine Eintragung in einer Art digitalem Grundbuch, einer so genannten "Blockchain". Die ist untrennbar mit dem Geld verbunden. Dadurch lässt sich nicht nur die Geschichte jeder einzelnen Geldeinheit nachverfolgen, sondern auch die Eigentumsverhältnisse sind jederzeit klar. So weit die Theorie. In der Praxis gibt es viele Probleme. Das vielleicht größte ist ein Paradox: Kryptowährungen sind ein Riesenschritt in die Vergangenheit, weshalb sie dort, wo sie hauptsächlich hergestellt werden, zum Teil verboten sind. Wie bitte?!

Der Reihe nach: Über Jahrtausende war es üblich, Geld unter hohem Materialeinsatz zu prägen - Münzen aus Gold und Silber gibt es selbst heute noch. Die Einführung von Papiergeld und später bargeldloser Zahlung hat die Kosten des Bezahlens dramatisch reduziert. Inzwischen gibt es auf der Welt mehrere hundert digitale Währungen, was das Argument der Seltenheit schon einmal entwertet. Doch allen ist gemein, dass sie sehr aufwändig in Herstellung und Verwaltung sind. Allein die bekannteste, Bitcoin, soll für den Computerbetrieb etwa so viel Strom brauchen wie ganz Bulgarien. Also gehen die Schöpfer von digitalem Geld bevorzugt in Länder mit billigem Strom - wie China. Doch der dortigen Regierung gefällt das ungeregelte Treiben nicht. Sie hat im September 2017 verboten, neue Kryptowährungen herauszugeben.

Wegen vieler rechtlicher und technischer Unsicherheiten eignen sich Digitalwährungen nicht zur Geldanlage. Nach diversen Skandalen und Cyber-Raubzügen ist das Vertrauen beeinträchtigt. Und wenn der Staat eingreift (wie in China), fallen die Kurse kräftig. Anders als bei den meisten Aktien und Anleihen gibt es auch keine regelmäßigen Ausschüttungen. Für Anleger, die das Risiko mögen, ist Kryptogeld ein bunter neuer Tummelplatz. Alle anderen haben nichts verpasst, wenn sie einfach zuschauen.

DER AUTOR IST CHEFANLAGESTRATEGE PRIVATE BANKING HSBC DEUTSCHLAND.

(RP)
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