Frankfurt Börsenabsturz zum Jahresauftakt

Frankfurt · Sorgen um eine schwache chinesische Wirtschaft haben die Aktienmärkte weltweit belastet. Der Dax verlor gestern bis zu vier Prozent. Zuvor war die Börse Schanghai um sieben Prozent eingebrochen. Auch der Dow-Jones gab nach.

Die neue Börsenregel gilt erst seit dem Jahreswechsel und kam prompt zur Anwendung. Erstmals wurde der Aktienhandel in Schanghai vorzeitig abgebrochen. Nach dem ersten Kurssturz mussten die Händler nur kurz pausieren. Aber als sich die Verluste fortsetzten, zog die Börsenaufsicht die Reißleine. Bei sieben Prozent Minus war Feierabend. Die chinesische Währung Yuan ging ebenfalls in die Knie und kostete in Dollar gerechnet so wenig wie im April 2011.

Der deutschen Börse bescherte die Hiobsbotschaft aus Schanghai den schlechtesten Jahresstart seit 1988. In der Breite gaben vor allem Aktien von Maschinenbau und Autoindustrie nach. Allerdings ist China nicht der einzige Faktor, der Auswirkungen auf das Börsengeschehen hatte. Händler nannten den Konflikt zwischen dem Iran und Saudi-Arabien als weiteren Grund für den schwachen Start 2016.

Als Auslöser für den Kursrutsch in Fernost nennen Beobachter wieder einmal schwache Wirtschaftsdaten. Zum fünften Mal in Folge ist die chinesische Industrie geschrumpft. Der Einkaufsmanager-Index für das verarbeitende Gewerbe sackte im Dezember von 48,6 auf 48,2 Punkte. Indexstände von weniger als 50 Punkten signalisieren einen Rückgang. Außerdem steht das Aktienverkaufsverbot für Großanleger kurz vor dem Ende. Chinas Regierung hatte im vergangenen Sommer Fonds und Banken den Verkauf größerer Aktienpakete verboten, um weitere extreme Kursstürze zu verhindern. Vor dem Ablauf des Verbots haben kleinere Aktionäre offenbar Kasse gemacht. "Sehr viele Anleger haben die Chance genutzt, um noch zu verkaufen", erklärte Arthur Brunner, Aktienhändler der ICF Bank.

Dramatisch sei der Kurssturz aber nicht, hieß es auf dem Frankfurter Börsenparkett. Fidel Helmer vom Bankhaus Hauck & Aufhäuser glaubt nicht, dass die Verluste eine neue Asienkrise auslösen könnten. "Wir haben ja eine ähnliche Situation im vergangenen Jahr schon ein paar Mal gehabt, und die chinesischen Börsen haben sich dann immer wieder gefangen", sagt Helmer, "ich glaube, das wird auch diesmal der Fall sein."

Dennoch schaut nicht nur die Börse gebannt auf die Wirtschaft im Reich der Mitte. Die für das vergangene Jahr angestrebte Wachstumsrate von sieben Prozent dürfte verfehlt worden sein. Es hakt vor allem im verarbeitenden Gewerbe. Auch die Exporte des Landes gehen stetig zurück. Das ist vor allem für deutsche Maschinen- und Anlagenbauer ein Alarmsignal, vor allem wenn sie Chinas Fabriken ausrüsten. Verbandspräsident Reinhold Festge rechnet für seine Branche mit fünf Prozent Rückgang in China in diesem Jahr. "China wandelt sich zu einem Technologiestandort. Das ist eine Chance für den deutschen Mittelstand", hatte Festge kürzlich geurteilt. Das Land habe aber auch die Schwierigkeit, "dass in der Vergangenheit etliche Fehler gemacht wurden, die den Fortschritt bremsen".

Gleichzeitig gibt es versöhnliche Töne. Die Aussichten für die Wirtschaft in China seien nicht einheitlich schlecht, betont Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Diba: "Der Dienstleistungssektor und der Konsum sind deutlich besser, als uns die Börse weismachen will." Fast schon als Bestätigung dieser These erhöhte der deutsche Sportartikelhersteller Adidas seine Prognose für die Region. "In China werden wir 2015 einen Umsatzrekord von mehr als zwei Milliarden Euro aufstellen", sagte Adidas-Chef Herbert Hainer.

(RP)
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