Düsseldorf/Berlin Branche will Paketkästen-Geschäft vorantreiben

Düsseldorf/Berlin · Die Post liefert große Sendungen ab 2016 auch in Paketkästen von Mehrfamilienhäusern. Doch die Konkurrenz schläft nicht und bietet ein eigenes System an.

Der Zustellschein liegt im Briefkasten, das Paket aber beim Nachbarn, und der ist gerade nicht da. Alltagsprobleme im Versandhandel. Um die Kunden zukünftig besser erreichen zu können, plant die Deutsche Post, Paketkästen auch in Mehrfamilienhäusern zu installieren. Dabei handelt es sich im Grunde um den großen Bruder des Briefkastens. Die Sendungen werden auch zugestellt, wenn der Empfänger gerade nicht zuhause ist. Zunächst soll das System im kommenden Jahr in mehr als Tausend Häusern in Berlin eingerichtet werden.

Für Ein- und Zweifamilienhäuser bietet die Post einen ähnlichen Service schon seit über einem Jahr. Allerdings sind die Kästen nur für DHL-Zusteller zugänglich. Pakete der Konkurrenz können so nicht zugestellt werden. Diese sieht genau dort ihre Chance: Hermes, DPD und GLS haben gestern fast zeitgleich ein eigenes System vorgestellt, das von allen Paketdiensten beliefert werden kann. Vorteil für den Kunden: Beim Einkauf muss er sich keine Gedanken machen, wer das Paket ausliefert. Im Sommer kommenden Jahres sollen die ersten Kästen angebracht werden.

Streitpunkt ist wohl vor allem die Versicherung der Sendungen in den Paketkästen, wie es aus Branchenkreisen heißt. So wolle die Post nicht für den Schaden anderer Paketdienste aufkommen. Der Primus gibt sich angesichts der Konkurrenz gelassen. "So wird der größte Teil der Amazon-Prime-Sendungen von der DHL ausgeliefert", sagt Horst Manner-Romberg von der Unternehmensberatung MRU aus Hamburg. Dass jetzt auch Mehrfamilienhäuser ins Blickfeld der Zusteller geraten, wundere ihn nicht. "In der Branche kostet vor allem die Zustellung an Privathaushalte Geld. Man muss bis in den vierten Stock laufen, klingeln, es im Zweifel beim Nachbarn versuchen. Das benötigt alles Zeit", sagt Manner-Romberg. "Was die Zukunft von Einzelpaketkästen angeht, bin ich skeptisch. Die haben ihre Grenze schnell erreicht, wenn mehrere Pakete eintreffen. Bei den großen Paketkästen gibt es aber eine große Marktlücke."

In Österreich sei das neue System bereits ein großer Erfolg, wie der Branchenkenner sagt. Alleine in Wien habe es im vergangenen Jahr 8000 solcher Paketkästen gegeben. Tendenz steigend. "In den Vereinigten Staaten gehen die ersten Anbieter gezielt auf Bauträger zu, um von vorne herein Platz für die Anlagen zu berücksichtigen." Daher sei es nur folgerichtig, dass die Anbieter nun auch den deutschen Markt ins Visier nehmen. "Ich kann mir vorstellen, dass die Paketkästen in fünf oder zehn Jahren zum Standard in Deutschland werden", sagt er.

Wenn sich der aktuelle Trend bestätigt und sich der Versandhandel zukünftig weiter in Richtung der lokalen Märkte entwickelt, dürften aber vor allem die offenen Paketkasten-Systeme im Vorteil sein. So könnte auch jeder Weinhändler, Supermarkt oder Pizzalieferdienst seine Ware ganz bequem im Paketkasten abliefern.

(RP)
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