Berlin Breitbandausbau soll günstiger werden

Berlin · Als der damalige Kanzler Helmut Kohl im Bundestagswahlkampf 1994 gefragt wurde, was er für den Ausbau der Datenautobahn zu tun gedenke, verwies der verdatterte CDU-Politiker auf den Föderalismus - schließlich sei Straßenbau auch Ländersache. Alexander Dobrindt hat diesen Fehler nicht gemacht, trotzdem weckte sein Antritt als Minister Erinnerungen an den Auftritt Kohls: Der CSU-Politiker sollte das Ressort Verkehr und digitale Infrastruktur übernehmen - und so mancher fragte sich, ob man ihm letzteren Bereich nur gegeben habe, weil noch immer die Begriffsvorstellungen Kohls bei den Christdemokraten vorherrschten.

Künftig dürfte die Autobahn jedoch tatsächlich zur Datenautobahn werden. Denn die Bundesregierung will beim Breitbandausbau "die Kosten spürbar senken". Dazu soll noch im Herbst eine entsprechende Richtlinie der EU umgesetzt werden. Dies geht aus dem Zwischenbericht zur Umsetzung der Digitalen Agenda hervor, der unserer Redaktion vorliegt und heute vom Bundeskabinett verabschiedet werden soll.

"Wenn der Bund bei Bundesautobahnen und Bundesstraßen die Bagger rollen lässt, sollten gleichzeitig auch Leerrohre für Glasfaserkabel verlegt werden", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol unserer Redaktion. "Damit senken wir die Kosten für die Tiefbauarbeiten, die heute achtzig Prozent der Ausbaukosten ausmachen." So sollen für den effizienteren Breitbandausbau zum Beispiel der Straßen- oder Kanalbau mit der Breitbandkabelverlegung kombiniert werden, heißt es in dem Papier. Ähnliche Pläne gibt es aktuell auch in NRW, wo Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) zuletzt ebenfalls ankündigte, bei Baumaßnahmen an Landesstraßen Leerrohre verlegen zu lassen.

Dass es zu Reibereien zwischen den Straßen-, Kanal- und Netzbetreibern kommen kann, kalkuliert die Bundesregierung ein. Die Bundesnetzagentur solle als "zentrale Streitbeilegungsstelle" Uneinigkeiten zwischen den Beteiligten um Mitnutzung und Entgelte beilegen.

Der Ausbau der Autobahnen zu Datenautobahnen ist ein weiterer Baustein im Plan der Koalition, bis 2018 flächendeckend schnelles Internet zur Verfügung zu stellen. Dann sollen alle Haushalte mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit pro Sekunde surfen können. Für den Breitbandausbau stellt die Regierung 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Geld soll vor allem im ländlichen Bereich den Ausbau von Breitbandverbindungen vorantreiben, weil dort die Verlegung von Leitungen für die Anbieter bislang oft unrentabel war.

Die Digitale Agenda war vor rund einem Jahr auf den Weg gebracht worden, um Deutschland als Digitalstandort zu stärken. Der Zwischenbericht gibt nun auf insgesamt 80 Seiten von E-Health über Arbeiten 4.0 bis hin zum automatisierten Fahren einen Überblick, wo welches Digital-Projekt aus den verschiedenen Bereichen steht.

Dazu zählt beispielsweise auch die Einrichtung eines zentralen Bürgerportals im Netz. Schon heute können die Bürger per Telefon die 115 als zentrale Verwaltungs-Service-Nummer wählen, um verschiedene Ämter auf verschiedenen Ebenen zu erreichen. Künftig soll dieser Service auch digital angeboten werden. Das Projekt liegt beim Innenministerium. Einen Zeitplan, wann der digitale Bürgerservice genau an den Start gehen soll, gibt es noch nicht.

(qua)
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