Düsseldorf Brexit schockte die Börse - Italien nicht

Düsseldorf · Einen Schock wie nach dem Brexit hat es nach dem Referendum vom Sonntag nicht gegeben. Der Aktienmarkt hatte das Scheitern von Ministerpräsident Renzi schon eingepreist. Nur Banken haben Not - vor allem die Monte dei Paschi.

Monte dei Paschi gilt als die älteste noch existierende Bank der Welt. Wenn ein solches Institut mit einer Vergangenheit von mehr als 500 Jahren in Not gerät, scheint die Alarmstimmung immer noch ein bisschen größer zu sein als bei anderen Instituten. Und Not gibt es in Siena wahrlich. Fünf Milliarden Euro Kapital braucht die Bank, die derzeit 28 Milliarden Euro an faulen Krediten ausstehen hat. Gestern traf sich ein Konsortium aus Kreditinstituten, um zu klären, wie das Loch gestopft werden kann. Nach dem gescheiterten Referendum und der Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Matteo Renzi ist die Angst gewachsen, dass mögliche Investoren, die bereits Interesse signalisiert hatten, nun doch lieber nicht einsteigen wollen. Die Aktie verlor gleich sieben Prozent.

Ansonsten hat der Ausgang des Referendums die Aktienmärkte in Europa über den Tag hinweg kaum bewegt. Ganz anders als nach der britischen Abstimmung über den Brexit oder dem Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen. Beides hatte die Finanzmärkte überrascht. Wenngleich das Börsen-Erstaunen über den Wahlausgang in den Vereinigten Staaten auch nur einige Stunden anhielt.

Aber selbst soweit reichte es diesmal kaum. In Italien blieb nicht einmal die national wichtigste Börse, jene in Mailand, auf den anfänglichen Verlusten sitzen. Zu Beginn hatten die Kurse noch um zwei Prozent nachgegeben, später lag der Leitindex schon wieder fast eineinhalb Prozent im Plus. Und selbst die Aktie der Bank Unicredit, deren faule Kredite bereits ein Ausmaß von rund 77 Milliarden Euro erreicht haben, war gestern Nachmittag vorübergehend wieder im Plus. Die simple Erklärung für solche Kursbewegungen: Wer auf fallende Kurse gewettet hatte, war gestern gezwungen, nachzukaufen. Später fiel der Kurs wieder.

"Vielleicht werden wir alle zunehmend immun gegen solche 'Schocks'", hat Paul Hatfield erklärt, der Chef-Anleger des Vermögensverwalters Alcentra. Man könnte es auch so formulieren, wie es in einer alten Börsen-Weisheit steht: Politische Börsen haben kurze Beine.

Der Aktienmarkt hatte das Scheitern von Ministerpräsident Matteo Renzi schon eingepreist. Das sieht man auch am Deutschen Aktien-Index (Dax). Der legte gestern deutlich zu, nachdem er in der vergangenen Woche im Vorfeld des Referendums zwei Prozent verloren hatte. Überdies könnte der Ausgang der Bundespräsidenten-Wahl in Österreich auch für Beruhigung am Aktienmarkt gesorgt haben.

Die weitere Entwicklung wird nun von zwei Hoffnungen genährt:

erstens, dass es keine Neuwahlen gibt, sondern eine Regierung ins Amt kommt, die wenigstens annähernd den Renzi-Kurs weiter verfolgt.

zweitens, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Anleihen-Kaufprogramm verlängert. Was würde das bedeuten? Der italienische Staat könnte das Geld nutzen, um die Volkswirtschaft zu stützen. Womöglich könnte er es für eine Rekapitalisierung einiger maroder Banken nutzen. Von denen hätte die Monte Dei Paschi das wohl am nötigsten. Schon zweimal ist die drittgrößte Bank Italiens bei einem Stresstest Europas Schlusslicht gewesen. Das Referendum hat, wie eingangs erwähnt, das Vertrauen der Investoren in die Bank nicht erhöht. Vielleicht bekommt die mehr als 500 Jahre alte Geschichte bald ein Kapitel zur Verstaatlichung.

(RP)
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