London Briten wollen Brexit mit Zollunion

London · In der EU ist man über den Plan nicht begeistert: "Rein und raus ist eine Fantasie".

Großbritannien will der Europäischen Zollunion auch nach dem Brexit eng verbunden bleiben. Das für den Austritt aus der EU verantwortliche Ministerium "DeXEU" hat ein erstes Positionspapier zum Brexit veröffentlicht, das sich mit der Übergangsphase nach dem für Ende März 2019 angestrebten Austritt beschäftigt. Geplant ist ein befristetes Zoll-Abkommen mit der EU, das de facto die bisherigen Tarife, Bestimmungen und Regeln übernimmt. Aber London pocht auf einen wichtigen Unterschied: Großbritannien will während der Übergangsphase Handelsabkommen mit Drittländern vereinbaren können. Brexit-Minister David Davis sagte, diese Interimsperiode solle längstens zwei Jahre dauern - mit dem Wahltermin 2022 als einem "absoluten Maximum".

Die britische Regierung will mit ihrem Vorschlag vermeiden, dass es zu einem sogenannten Klippen-Brexit kommt, sollte im März 2019 noch kein umfassendes Handelsabkommen mit der EU vereinbart sein. Sollte Großbritannien ohne Übergangsregelung austreten, gäbe es sofort Verwerfungen: Die Zollschranken würden hochgehen, in den britischen Kanalhäfen würden sich die LKW stauen, für britische Waren würden auf einmal Ausfuhrtarife gelten. Eine Übergangsphase dagegen, so das Davis-Ministerium, würde "einen glatten und ordentlichen Transfer zu einem neuen Regime erlauben" und "Sicherheit für Unternehmen in Großbritannien und in der EU bieten". Britische Wirtschaftsverbände wie die "Confederation of British Industry" und "CityUK", das die Interessen der Finanzwirtschaft vertritt, begrüßten die Pläne. "CityUK" mahnte allerdings auch Verhandlungen für ein umfassenderes Abkommen an, das auch Dienstleistungen beinhalte.

Dass Großbritannien jetzt auf der Freiheit bestehen will, Abkommen mit Australien etwa oder den USA zu verhandeln, macht das die Gespräche mit der EU schwieriger. Ob die Verhandlungspartner auf der anderen Seite des Ärmelkanals so viele Zugeständnisse machen wollen? Guy Verhofstadt jedenfalls meldete sich postwendend. "Rein und raus aus der Zollunion", twitterte der Brexit-Chefunterhändler des EU-Parlaments, "ist eine Fantasie." Ein Sprecher der EU-Kommission gab sich höflicher: Man habe die britischen Vorschläge zur Kenntnis genommen, werde aber erst antworten, "wenn wir genügend Fortschritt bei den Bedingungen einer ordentlichen Trennung gemacht haben."

Das legt den Finger auf die Wunde: Zuerst muss Großbritannien sich bei drei anderen Themenbereichen bewegen: die Rechte von EU-Bürgern im Königreich, die finanziellen Verpflichtungen Großbritanniens und die Grenze zwischen Nordirland und Irland. Wenn am 29. August die nächste Verhandlungsrunde in Brüssel beginnt, wird über eine künftige Zollunion jedenfalls noch nicht geredet werden.

(RP)
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