Frankfurt Bundesbank plant für Zinswende

Frankfurt · Nur 399 Millionen Euro überweist die Bank für das vergangene Jahr an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Sie legt stattdessen ein Polster für schlechtere Zeiten an.

Die Bundesbank scheint ihre Kritik an der europäischen Geldpolitik in Zahlen gefasst zu haben. Das ist die Botschaft ihrer Bilanz für 2016. Die fiel grottenschlecht aus, nicht wegen schlechten Wirtschaftens, sondern wegen der großen Risiken, die die Bundesbank wegen der Geldpolitik auf sich zukommen sieht. Die Folgen muss auch der Bundesfinanzminister und mit ihm der Steuerzahler tragen. Gerade mal 399 Millionen Euro Gewinn überweist die Bank an das Ressort von Wolfgang Schäuble (CDU), nur noch zwölf Prozent dessen, was im Jahr zuvor ausgeschüttet worden war.

Bundesbankpräsident Jens Weidmann wusste natürlich, dass diese Ausschüttung einem Negativrekord nahekommt. "Das ist die niedrigste Überweisung seit dem Jahr 2004, als für 2003 ein Bilanzgewinn von 248 Millionen Euro abgeführt wurde", sagte Weidmannn bei der Bilanzvorlage.

Wirklich getroffen hat die kümmerliche Überweisung aus Frankfurt den Bundesfinanzminister aber offenbar nicht. Zwar hatte Schäuble mit 2,5 Milliarden Euro gerechnet und diese Summe auch in den Haushaltsplan eingestellt. Dennoch habe er "nicht besonders emotional" auf den deutlich geringeren Betrag reagiert, erzählte Weidmann. Dem Haushalt gehe es ja auch gut genug. In der Tat: Der Staat erzielte im vergangenen Jahr einen Überschuss von 23,7 Milliarden Euro (siehe Beitrag unten).

Das kräftige Wachstum der deutschen Wirtschaft und das stärkste Plus seit fünf Jahren hat natürlich auch die Bundesbank zur Kenntnis genommen. Aber, so paradox es klingt, gerade die gute Lage und die akzeptablen Aussichten machen der Bilanz der Zentralbank zu schaffen. Denn sie musste ja an der europäischen Geldpolitik mitwirken, dies im Kampf gegen Deflationsängste und Konjunktursorgen, die es vor allem in Südeuropa gab. Sie musste also Anleihen kaufen, Anleihen zu hohen Kursen und mit niedrigstem Zins, mitunter gar mit negativem Zins. Und sie musste Bankeinlagen annehmen und den Geschäftsbanken in Deutschland dafür wegen der Negativzinsen Geld abknöpfen.

Doch all das ändert sich, wenn die Zinsen bei guter Konjunktur hochgehen. "Diese Zinserträge sind nicht nachhaltig", sagte Weidmann zur Einnahmesituation der Bundesbank. In der Tat: Wenn das Zinsniveau steigt, gehen die Kurse der aufgekauften Anleihen runter, und den Banken müssen wieder Guthabenzinsen gezahlt werden. "Unterm Strich kann dies zu Verlusten führen", sagte Weidmann. Darauf hat sich die Bundesbank in ihrer Bilanz vorbereitet und für die Zinsänderungsrisiken ein Polster angelegt. Sie hat ihre sogenannten Wagnisrückstellungen nochmals um knapp 1,8 Milliarden Euro aufgestockt. Damit blieb für den Bundesfinanzminister kaum noch was übrig. Das Rückstellungspolster hat nun knapp 15,4 Milliarden Euro erreicht. Und es soll 2017 weiter wachsen - keine guten Aussichten für die Gewinnausschüttung 2018.

Als Geldpolitiker, und das vor allem ist er, empfindet Weidmann seine Bilanzvorsorge als nachrangiges Problem. Wegen des Zinsänderungsrisikos auf die Zinsänderung zu verzichten, das ist sein Ding nicht. Er empfahl seinem geldpolitischen "Chef", EZB-Präsident Mario Draghi, langsam "geldpolitisch vom Gas zu gehen" und schon mal die Ansprache der Finanzmärkte "symmetrischer" zu gestalten, etwa indem der EZB-Rat "nicht mehr nur darauf verweist, dass die Geldpolitik gegebenenfalls auch noch expansiver ausgestaltet werden könnte", sondern eben auch enger. Umso wichtiger würden politische Reformen, sagte Weidmann. Sie könnten helfen, wegfallende Arbeitsplätze rasch durch neue zu ersetzen.

(RP)
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