Düsseldorf Regierung prüft Schadenersatz beim "Puma"

Düsseldorf · Die Bundesregierung erwägt Schadenersatzforderungen gegen die Rüstungskonzerne Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall. Grund: Der Schützenpanzer liegt 53 Monate hinter dem Soll und kostet doppelt so viel wie geplant.

 Die Bundeswehr hat 350 „Puma“ bestellt

Die Bundeswehr hat 350 „Puma“ bestellt

Foto: dpa

Für die deutschen Rüstungsproduzenten wird das Geschäft zunehmend schwieriger. Zuletzt belastete das Abebben der Großkonflikte in Afghanistan und im Irak den Absatz von Munition. Die Krisenherde in Osteuropa sorgten dafür, dass lukrative Geschäfte wegbrachen - so geschehen bei einem Gefechtsübungszentrum, das Rheinmetall an Russland verkauft hatte. Dieses wurde nach der Annektierung der Krim von der Bundesregierung gestoppt. Der Konzern prüft Schadenersatzansprüche gegen den Staat.

Doch der kann den juristischen Spieß auch umdrehen - wie jetzt beim Streit um die Auslieferung des "Puma". Der im niedersächsischen Unterlüss endmontierte Schützenpanzer soll den "Marder" ablösen. Doch das Gemeinschaftsprojekt von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall geriet zuletzt ins Stocken. Wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht für den Bundestag berichtet, prüft das zuständige Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr deshalb Schadenersatzansprüche gegen die Rüstungsfirmen.

Nach einem Bericht des Verteidigungsministeriums liegt der "Puma" nicht nur 53 Monate hinter der Planung zurück. Die Kosten haben sich auch um 2,32 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte, dass Ansprüche geprüft würden.

Schon Mitte Februar hatte Ressortchefin Ursula von der Leyen (CDU) klargemacht, "dass die wehrtechnische Industrie in vereinbarter Zeit und Qualität die Produkte" liefern müsse. Zur Auftragserfüllung müsse insbesondere die Einsatz- und Verwendungsfähigkeit des Materials der Bundeswehr erhöht werden, fordert auch der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte. "Hierzu ist ein schnellerer Zulauf der wesentlichen Rüstungsprojekte nötig. Zu oft sind Rüstungsprojekte von Verspätungen und Preissteigerungen gekennzeichnet." Wer die vertraglich festgeschriebene Qualität oder den Liefertermin nicht einhalte, müsse zukünftig mit Konventionalstrafen und weitreichenden Maßnahmen rechnen, so Otte.

Rheinmetall und KMW wollten mögliche Schadenersatzforderungen nicht kommentieren. Ein Rheinmetall-Sprecher sagte unserer Zeitung, Verzögerungen bei Rüstungsprojekten seien nicht ungewöhnlich, weil diese technisch meistens sehr komplex seien. "Die Ziele beim Puma waren durchaus ambitioniert. Im Laufe des Entwicklungsprozesses kamen Anforderungen hinzu." So gab es etwa aufgrund der Erfahrungen in Auslandseinsätzen den Wunsch nach einer stärkeren Panzerung. Zugleich sollte der Puma aber per Flugzeug transportierbar bleiben. Zudem kam es zu nachträglichen Beauftragungen, etwa die Integration eines satellitengestützten Funkgeräts. "All dies verzögert den Auslieferungsprozess." Mit 53 Monaten liegt der "Puma" bei den 14 Top-Projekten sogar nur leicht über dem Durchschnitt von 51 Monaten: Der Transporthubschrauber NH90 schafft es mit 158 Monaten an die Spitze (derzeit realistischer Termin für das Entwicklungsende 2016 statt wie geplant 2003), gefolgt vom "Eurofighter" mit 136 Monaten (statt 2006 soll die letzte Maschine 2018 kommen), dem "Tiger" mit 110 Monaten (Auslieferung des letzten der 80 Hubschrauber nicht vor 2020) und dem Transportflieger A 400M mit 107 Monaten (Einsatzfähigkeit 2019 statt 2010).

Schwerer wiegen da die um 103 Prozent gestiegenen Kosten. "Man darf nicht vergessen, dass es zwischen dem Vertragsabschluss und heute eine Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte gab, die beim Puma mit 300 Millionen Euro zu Buche schlägt", erklärt der Rheinmetall-Sprecher. Zudem gebe es bei solchen Langzeitverträgen eine Preis-Gleit-Klausel - diese berücksichtigen etwa steigende Personal- und Materialkosten. "Der Puma war von Beginn an als Fahrzeug konstruiert, für das es mehrere Zusatzleistungen wie Zusatzbewaffnung oder Ausbildungsmittel gibt. Werden diese bestellt, steigen auch die Kosten." Auch habe der Konzern der vom damaligen Minister Thomas de Maizière geforderten Auftragsreduzierung zugestimmt. "Damit verteilen sich bestimmte Einmalkosten auf eine niedrigere Stückzahl", so der Sprecher.

(RP)
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