Peking/Frankfurt Chinas Kreditwürdigkeit fällt erstmals seit 1989

Peking/Frankfurt · Moody's glaubt, dass die Schulden weiter steigen. Peking wirft der Ratingagentur eine falsche Methodik vor.

Die Ratingagentur Moody's hat die Kreditwürdigkeit Chinas erstmals seit fast 30 Jahren gesenkt. Wie die US-Bonitätsprüfer mitteilten, sinkt die Bewertung um eine Stufe auf A1. In der Skala von Moody's ist das die fünftbeste Note. Es ist die erste Abstufung seit 1989. Zugleich wurde der Ausblick von negativ auf stabil gesetzt, weshalb eine weitere Abstufung zunächst nicht zu erwarten ist.

Kritisch sehen die Analysten vor allem die Schuldensituation Chinas. Sie erwarten, dass die landesweite Verschuldung in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Die geplanten Wirtschaftsreformen dürften diesen Prozess zwar verlangsamen, nicht aber aufhalten. Weil die politische Führung großen Wert auf starkes Wachstum lege, werde sie weiterhin konjunkturstützende Maßnahmen ergreifen. Dies bringe eine höhere Verschuldung mit sich.

Das Finanzministerium in Peking warf Moody's eine verfehlte Methodik vor, bei der ein "pro-zyklischer Ansatz" verfolgt werde. Zudem unterschätze die Ratingagentur die Fähigkeit Chinas, wirtschaftliche Strukturreformen durchzuführen, hieß es. Solche Reformen, die auch der Öffnung der chinesischen Wirtschaft zugute kommen können, erachten Ökonomen als mitentscheidend für das künftige Wachstumspotenzial. Das Finanzministerium in Peking sieht zudem keine nennenswerte Änderung in seiner Risikoeinschätzung der Schuldenlage.

Das beurteilt Moody's anders. Die Ratingagentur erwartet, dass die staatliche Schuldenquote, also die Staatsverschuldung im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum, bis zum Ende des Jahrzehnts graduell ansteigt. Mit 45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werde die direkte Staatsverschuldung dann auf dem Niveau anderer, ähnlich bewerteter Länder liegen. Auch die indirekte Staatsverschuldung, etwa über Lokalregierungen, sowie die Verschuldung der Haushalte und der staatseigenen Betriebe werde weiter steigen. Die Gesamtverschuldung Chinas beträgt bereits 250 Prozent des BIP.

Positiv verweist die Ratingagentur zum einen auf die Größe und das schnelle Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft. Zum anderen werden die hohen Ersparnisse der Haushalte und der immer noch riesige Devisenberg des Landes genannt. Dieser ist seit Mitte 2014 zwar um eine Billion US-Dollar geschrumpft, beträgt aber immer noch rund drei Billionen Dollar. Dies gebe der Notenbank reichlich Spielraum zur Stabilisierung der Landeswährung und zur Vermeidung von Kapitalflucht.

Chinas Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren an Schwung verloren, wenngleich sich zuletzt eine Stabilisierung abzeichnete und das Wachstum zum Jahresstart positiv überraschte. Von den jahrelangen zweistelligen Wachstumsraten ist aber nichts mehr zu sehen. Chinas Wirtschaft soll nach Regierungswillen umgebaut und nachhaltiger aufgestellt werden, weg von einer starken Exportorientierung, hin zu mehr Binnennachfrage. Dieser Prozess ist jedoch ins Stocken geraten, weil die Regierung damit beschäftigt war, das rückläufige Wachstum zu stabilisieren.

(dpa)
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