Frankfurt Chinesen liebäugeln mit der Postbank

Frankfurt · Der Immobilienentwickler Dalian Wanda soll Interesse an der Tochter der Deutschen Bank haben. Doch der Branchenprimus weiß nicht recht, ob er die Postbank verkaufen oder doch lieber integrieren will.

Könnte die Postbank in chinesische Hände übergehen? Der chinesische Immobilienentwickler Dalian Wanda habe Interesse an der Deutsche-Bank-Tochter, meldete die britische Wirtschaftszeitung "Financial Times" gestern und berief sich auf zwei mit der Sache vertraute Personen. Doch die Einkaufstour von Wanda sei noch in einem frühen Stadium.

Die Wanda Group erklärte, der Bericht sei ungenau. Es habe keinen Kontakt zwischen Wanda und der Postbank gegeben, sagte ein Sprecher der chinesischen Unternehmensgruppe, die Wang Jianlin gehört, einem der reichsten Männer Chinas. Das ursprünglich vor allem auf Immobilien konzentrierte Unternehmen will sich jedoch breiter aufstellen und auch in Europa investieren. So hatte es erst vor wenigen Wochen eine nordeuropäische Kinokette gekauft und einen italienischen Jacht-Hersteller. Die deutsche Privatbank Hauck&Aufhäuser ist bereits in chinesischen Händen, die Beteiligungsfirma Fosun hat sie 2016 erworben.

Die Zukunft der Postbank ist ohnehin offen. Seit 2015 ist sie eine 100-prozentige Tochter der Deutschen Bank. Seither schwankt der Branchenprimus zwischen Halten und Verkaufen. Noch sei die Postbank nicht "hinreichend eigenständig", hatte Deutsche-Bank-Finanzvorstand Markus Schenck vor wenigen Tagen bei der Vorlage der Bilanz gesagt. "Wir gehen davon aus, dass die Postbank sich 2017 in eine Position bringt, dass sie eine deutlich verbesserte Attraktivität erreicht hat, und dann wird man eine Entscheidung treffen."

Sein Vorstandskollege Christian Sewing hatte zwar bestätigt, die Postbank stehe zum Verkauf: "Aber der Preis muss stimmen." Das dürfte eines der Probleme sein, die die Deutsche Bank mit der Entscheidung hat. Fällt der Preis zu niedrig aus, drohen hohe Abschreibungen. Sechs Milliarden Euro hat die Deutsche Bank für ihre Tochter gezahlt, diesen Preis werde sie bei einem möglichen Verkauf nicht mehr erzielen können, ist zu hören.

Doch eine mögliche Mission der Chinesen ist nicht aussichtslos. "Wenn sich überhaupt ein Käufer findet, dann dürfte der eher nicht aus Europa kommen", ist sich Markus Rießelmann, Analyst von Independent Research, sicher. Ob das allerdings ein chinesischer Investor sein werde, ist offen.

Neben dem Preis dürfte auch die Regulierung eine Rolle spielen. Denn wenn es tatsächlich zu einer strengeren Handhabung der Eigenkapitalregeln kommen sollte, so wie sie in den Verhandlungen über eine Erweiterung des Basel III-Abkommens zwischen den Bankenaufsehern Europas und der USA diskutiert wird, dann könnte das die europäischen Banken weiter belasten - und auch die Postbank. "Die Deutsche Bank weiß noch nicht, wieviel Kapital sie vorhalten muss, das macht die Entscheidung schwer", glaubt Rießelmann - auch die Entscheidung darüber, ob sie einen Teil der Vermögensverwaltung, der "Deutsche Asset Management", an die Börse bringen soll. Hinzu kommt die Unsicherheit über die von Präsident Donald Trump angekündigte weitere Deregulierung in den USA. Auch die schafft eher Unsicherheit als Klarheit. Die Postbank-Mitarbeiter müssen sich also noch etwas in Geduld üben.

Sollte sich die Deutsche Bank am Ende entschließen, die gerade erst entflochtene Postbank voll in den Konzern zu integrieren, würde das abermals viel Geld kosten. Gewerkschafter befürchten zudem den Abbau tausender Jobs, vor allem in der Bonner Zentrale, die es dann nicht mehr geben würde. Klarheit soll es mit der Strategie-Entscheidung im Frühjahr geben. Für sämtliche Sparten spielt die Deutsche Bank derzeit mehrere Szenarien durch.

(RP)
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