Detroit Comeback der Spritschleudern

Detroit · Weil die USA vor lauter Fracking gar nicht mehr wissen, wohin mit der Energie, sind spritsparende Autos dort kaum noch gefragt. Großer Hubraum, viel Blech und noch mehr PS - die Amerikaner sind wieder in ihrem Element.

Die deutschen Autobauer wollen den Kampf um Weltmarkt-Anteile in den USA ausfechten und setzen dabei auf PS-starke Geländewagen. Jenseits des Atlantiks boomt dank niedriger Benzinpreise die Nachfrage nach spritschluckenden Fahrzeugen. Entsprechend kündigte allen voran Volkswagen zu Beginn der Detroiter Automesse eine Modelloffensive bei SUV an. Der Wolfsburger Konzern will den Erzrivalen Toyota so in seine Schranken weisen.

Auch die anderen deutschen Autobauer setzen auf den US-Markt, da das Wachstum in China schwächelt, Europa stagniert, und politische Krisen das Geschäft andernorts erschweren. "Ich bin überzeugt, dass der nordamerikanische Markt auch 2015 weiter wachsen wird", gab sich Matthias Wissmann, Chef des deutschen Hersteller-Verbandes VDA, optimistisch.

Europas Marktführer Volkswagen fährt der Konkurrenz in den USA bislang hinterher und will deshalb mit mehreren neuen SUV-Modellen aufholen. Erfolg auf dem weltweit zweitgrößen Automarkt gilt als Voraussetzung dafür, dass die Wolfsburger dauerhaft zum größten Autobauer der Welt aufsteigen und Toyota überholen. Den Grundstein konnte der niedersächsische Zwölf-Marken-Konzern im vergangenen Jahr legen, als er rund um den Globus erstmals mehr als zehn Millionen Fahrzeuge verkaufte - vier Jahre früher als geplant. Damit liegt VW nun fast gleichauf mit den Japanern, die sich 10,2 Millionen Wagen für 2014 zum Ziel gesetzt hatten. Analysten rechnen damit, dass Volkswagen den Weltmarktführer im laufenden Jahr vom Thron stoßen wird, weil die Wolfsburger in China stärker wachsen. Dagegen ist Toyota in den USA präsenter.

VW-Chef Martin Winterkorn enthüllte in Detroit die Studie eines fünf-sitzigen sportlichen Geländewagens. Der Cross Coupé GTE wird voraussichtlich in Chattanooga vom Band rollen, wo VW bereits den für die USA entwickelten Passat baut. Der GTE soll den als Hoffnungsträger angekündigten Cross Blue ergänzen, der ab Ende 2016 dort produziert wird. Teil der nach Konzernangaben größten SUV-Modelloffensive in der Geschichte der Marke VW ist ein weiterer Geländewagen mit sieben Sitzen. Er soll den bislang in Deutschland für die USA gebauten kleineren Tiguan ersetzen und wird wohl ab übernächstem Jahr in Mexiko hergestellt werden.

Sportliche Geländewagen und Pick-ups stehen auf der Messe in der traditonsreichen Autostadt Detroit im Scheinwerferlicht. Elektroautos droht ein Schattendasein, da derzeit kaum jemand ans Umsteigen auf alternative Antriebe denkt.

Auch Daimler und BMW setzen auf den SUV-Trend in Amerika. Daimler-Chef Dieter Zetsche kündigte allein für dieses Jahr vier neue oder überarbeitete Geländewagen an. Er will außerdem den Anteil an Allradfahrzeugen bei Mercedes-Benz steigern. Auf der Messe zeigt Daimler den wuchtigen GLE Coupe. BMW stellt die neue 6er Serie vor, Audi den neuen Geländewagen Q7. Insgesamt stehen auf der wichtigsten Autoschau in den USA etwa 40 Weltpremieren auf dem Programm.

Jenseits des Atlantiks brummen die Geschäfte. So rechnet der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in diesem Jahr mit einem Plus auf 17,1 (Vorjahr 16,5) Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge - so hoch war die Nachfrage in den USA zuletzt vor fast fünfzehn Jahren. Der VDA geht von 16,7 Millionen aus. Das CAR-Institut an der Uni Duisburg-Essen erwartet 2016 sogar einen Absatz von 17,45 Millionen - damit würden so viele Autos zwischen Maine, Texas und Kalifornien verkauft wie nie. Auch in den Folgejahren soll der Absatz klettern.

VW hat davon bislang nur wenig. Vergangenes Jahr schrumpften die Auslieferungen um zehn Prozent auf 367 000 Fahrzeuge. Und Analysten bezweifeln trotz der angekündigten SUV-Offensive, ob es VW gelingen kann, das schon vor längerem für 2018 gesteckte Ziel von 800.000 Fahrzeugen zu schaffen.

(rtr)
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