Verdacht der Steuerhinterziehung Großrazzia bei der Commerzbank

Frankfurt/M. · Mehr als hundert Einsatzkräfte haben die Zentrale in Frankfurt sowie Büros und Wohnungen im Bundesgebiet durchsucht. Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung über Luxemburg.

Commerzbank: Verdacht der Steuerhinterziehung
Foto: dpa, fru cul

Seit Anfang des Jahres ist beim Landeskriminalamt in Düsseldorf eine "Ermittlungsgruppe Organisierte Kriminalität und Steuerhinterziehung" (EOKS) eingerichtet - mit 15 speziell geschulten Steuerfahndern, sozusagen einer Spezialeinheit im Kampf gegen Steuerbetrug. Die hatte gestern einen Großeinsatz bei der Commerzbank wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung bei einer Luxemburger Tochter der Bank. Bei der Durchsuchung der Commerzbank-Zentrale in Frankfurt sowie Hunderter Büros und Wohnungen seien insgesamt mehr als 100 Einsatzkräfte dabei gewesen, hieß es. Zuvor hatte die "Süddeutsche Zeitung" über die Aktion berichtet.

Die Commerzbank bestätige das Ermittlungsverfahren und teilte auf Anfrage mit: "Die Commerzbank hat ein eigenes Interesse an einer schnellen umfassenden Aufklärung und unterstützt selbstverständlich die Behörden aktiv und in vollem Umfang. Das Ermittlungsverfahren bezieht sich auf Altfälle, die zehn Jahre und länger zurückliegen."

Wäre das tatsächlich so, könnten manche Delikte, die bei der Auswertung von beschlagnahmtem Material aufgedeckt würden, schon verjährt sein - schwer vorstellbar. Die Ermittler sind angeblich Kunden der Commerzbank auf der Spur, die über die Luxemburger Tochter der Bank bei der Offshore-Gesellschaft Mossack Fonseca Group eine Briefkastenfirma kaufen konnten, die dann als Inhaber der Konten in Europa auftrat, so dass die wahren Inhaber nie in Erscheinung treten mussten. Dies, so heißt es in Bankkreisen, habe auch nach Einführung der europäischen Zinsrichtlinie 2005 gut funktioniert, die den Steuerdatenaustausch in Europa ermöglichte. Unter anderem Luxemburg hat sich über Jahre dieser Richtlinie verweigert, stattdessen eine anonyme Quellensteuer von 35 Prozent auf die Erträge erhoben. Erst 2014 lenkte das Großherzogtum ein. Bis dahin waren die Daten nicht greifbar. Und selbst vor einigen Monaten sollen die Luxemburger Behörden noch ein Rechtshilfe-Ersuchen aus Deutschland abgelehnt haben.

Und dann besorgen sich Fahnder die Daten von einem Verkäufer. Das aktuelle Material mit Tausenden Kundennamen, Firmen und Beratern stammt angeblich aus einem Mossack-Fonseca-Datensatz, den die Steuerfahndung in Wuppertal erwarb. Die Ermittler seien dann in mehreren Bundesländern unterwegs gewesen, hieß es - in Hessen (unter anderem in der Commerzbank-Zentrale), in Rheinland-Pfalz, also in unmittelbarer Nähe zu Luxemburg, und dem Rheinland. Hier hätten die Fahnder unter anderem im Raum Aachen Häuser dursucht.

"Über Jahrzehnte ist eine Finanzindustrie gewachsen, die relativ wenigen zum Schaden vieler Gewinnmöglichkeiten geboten hat. Ohne Informationen aus dem Innenleben dieser Branche wäre die Steuerfahndung diesem Treiben nie auf die Spur gekommen", erklärte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Seine Forderung: "Die Erkenntnisse der NRW-Steuerfahndung zeigen, dass wir empfindliche Sanktionen brauchen - für Banken wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und für Unternehmen, die dubiose Steuerumgehungspraktiken nutzen."

Die Commerzbank kündigte an, sie werde die Fälle "unternehmensintern untersuchen und in Kooperation mit den Ermittlungsbehörden aufarbeiten". Man verlange "absolute Transparenz darüber, dass alle unsere Kunden in Luxemburg über einen geklärten Steuerstatus verfügen".

(RP)
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