Leverkusen Covestro startet mit Sparprogramm

Leverkusen · Bayer will seine Kunststoff-Tochter noch in diesem Jahr an die Börse bringen und bis 2020 ganz bei ihr aussteigen.

Der Bayer-Konzern will den guten Lauf seiner Kunststoff-Tochter nutzen und diese noch im vierten Quartal an die Börse bringen. Das teilte der Konzern gestern mit. Covestro, wie das seit dem 1. September auf eigenen Beinen stehende Unternehmen heißt, soll in Form eines klassischen Börsengangs veräußert werden. Die Aktien sollen privaten und institutionellen Anlegern in Deutschland und Luxemburg angeboten werden. Bayer will zunächst eine Minderheitsbeteiligung abgeben, verrät aber noch nicht, wie hoch diese ausfällt. Beobachter rechnen mit rund 30 Prozent. Langfristig will Bayer ganz bei Covestro aussteigen. "Langfristig heißt bis 2020", sagte Bayer-Finanzchef Johannes Dietsch. Der Börsengang wird, wenn er gelingt, der größte seit dem Jahr 2000, als die Post an die Börse kam.

Folgen für die Mitarbeiter Um für die Anleger attraktiv zu werden, startet Covestro auch gleich mit einem Sparprogramm. "Wir wollen uns bei den Kosten an den Besten der Branche messen", sagte Finanzchef Frank Lutz. Daher werde das Unternehmen 420 Millionen seiner Kosten bis 2019 einsparen. Die Einsparungen sollten vor allem durch eine bessere Auslastung der Kapazitäten erzielt werden, wodurch die Fixkosten sinken. Arbeitnehmer soll es zumindest in Deutschland nicht treffen. "Wir halten selbstverständlich an der Beschäftigungssicherung fest", so Lutz. Demnach sind betriebsbedingte Kündigungen bis 2020 in Deutschland bei Bayer wie bei Covestro ausgeschlossen..

Folgen für die Standorte "Wir können Standort-Schließungen in Deutschland ausschließen", sagte Lutz weiter. Für die ausländischen Standorte wollte er sich allerdings nicht festlegen. Covestro beschäftigt 16 000 Mitarbeiter weltweit, in Nordrhein-Westfalen an den Standorten Leverkusen, Dormagen, Krefeld-Uerdingen und Wuppertal. Für den norddeutschen Standort Brunsbüttel hat Covestro bereits die Schließung der TDI-Anlage angekündigt. Den Standort Belford Roxo in Brasilien hat das Unternehmen inzwischen komplett aufgegeben.

Folgen für Covestro-Aktionäre Um viele Aktionäre zu gewinnen, lockt Covestro mit einer hohen Dividende: Ab 2016 will das Unternehmen zwischen 30 und 50 Prozent seines Gewinns an die Aktionäre ausschütten - und zwar dauerhaft. Für das Jahr 2015 soll es einmalig eine Ausschüttung von 100 bis 150 Millionen Euro geben, wenn der Börsengang gelingt.

Folgen für Bayer Bei der Abspaltung schlägt der Mutterkonzern einen ungewöhnlichen Weg ein: Bayer verkauft keine eigenen Anteile an Covestro, stattdessen kommt Covestro über die Ausgabe neuer Aktien an die Börse. Mit dieser Kapitalerhöhung sammelt Covestro frisches Geld ein, zugleich wird der Anteil von Bayer verwässert. Aber natürlich geht Bayer bei dem Deal nicht leer aus - im Gegenteil: Der Mutterkonzern gibt seiner Tochter Milliarden-Schulden mit, die Covestro dann abbezahlen muss. Durch die Senkung seiner Schulden (derzeit: 21 Milliarden Euro) will der Bayer-Konzern eine bessere Bonitätsnote erreichen. Er kann sich dann günstiger als bisher Kredite für Übernahmen oder Investitionen der verbleibenden Töchter Gesundheit und Pflanzenschutz beschaffen.

Covestro soll das 2,5- bis Dreifache seines Gewinns an Schulden übernehmen. Das entspräche nach den Zahlen für 2014 Schulden bis zu 3,6 Milliarden Euro.

Was ist anders als bei Lanxess Vor zehn Jahren hatte Bayer die meisten seiner Chemie- und ein Drittel seiner Kunststoffaktivitäten ausgegliedert und unter dem Namen Lanxess an die Börse gebracht. Das Unternehmen galt zunächst als "Bayers Resterampe", einen klassischen Börsengang wagte man nicht, sondern legte Bayer-Aktionären die Lanxess-Aktie ins Depot (Spin-off). Bei Covestro hat sich der Konzern dagegen für einen klassischen Börsengang (IPO) entschieden. Covestro wird seit langem als Teilkonzern geführt und ist damit homogener als es Lanxess damals war. Entsprechend ist auch die Einschätzung der Analysten positiver.

Aussichten Der Bayer-Finanzchef erwartet, dass der Börsengang glattgeht. "Derzeit sehen wir auch wegen China keinen Grund zur Besorgnis", sagte Dietsch. Covestro hat in den vergangenen Jahren zwar seine Kapitalkosten nicht verdient, das soll sich aber dieses Jahr ändern. Die Umsatzrendite ist im zweiten Quartal bereits auf 15 Prozent gestiegen. Dennoch warnen Analysten vor Euphorie. "Das Geschäft ist zyklisch. In Aufschwungphasen verdient man sehr gut mit zyklischen Geschäften. Wenn es aber Überkapazitäten am Markt gibt, kann es deutliche Gewinnrückgänge geben, daran wird sich nichts ändern", sagte ein Branchenexperte.

(anh)
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