Düsseldorf Wenn der Chef die Kleiderordnung macht

Düsseldorf · Darf ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten untersagen, religiöse Symbole wie etwa ein Kopftuch am Arbeitsplatz zu tragen? Mit dieser Frage muss sich der Europäische Gerichtshof in Luxemburg beschäftigen.

Darf der Arbeitgeber Vorschriften bei der Kleiderordnung machen?
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Eine belgische Rezeptionistin und eine französische Softwaredesignerin schicken sich gerade an, das europäische Arbeitsrecht durcheinanderzuwirbeln. Die beiden Frauen hatten ihren Job verloren, weil sie am Arbeitsplatz ihr Kopftuch tragen wollten, obwohl die Firmen ihnen dies ausdrücklich untersagt hatten. Nun muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden, ob die Kündigungen rechtens waren (Az.: C-188/15 und C-157/15). Das Urteil könnte Folgen für das deutsche Arbeitsrecht haben. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Regeln, die hierzulande gelten:

Grundsätzlich ja, denn er hat ein sogenanntes Direktions- und Weisungsrecht (§ 106 Gewerbeordnung). Allerdings kann er nicht nach Gutdünken Vorschriften erlassen, sondern muss die Grund- und Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers achten. Vorgaben müssen also gerecht und angemessen sein.

Gibt es gesetzliche Vorgaben - etwa Sicherheitsvorschriften -, ist die Lage nach Ansicht von Juristen eindeutig. Der Arbeitgeber darf und muss darauf pochen, dass diese eingehalten werden und der Angestellte beispielsweise Schutzbrille oder Helm trägt.

Auch bei einheitlicher Arbeitskleidung sehen Juristen keine Probleme. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, dass beispielsweise seine Mitarbeiter im Kundenkontakt die Firma nach außen einheitlich repräsentieren. Diese Vorgaben werden in der Regel arbeitsvertraglich oder per Betriebsvereinbarung festgehalten.

Dies ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Ein Beispiel: 2011 sorgte ein Streit um die Sicherheitskräfte am Flughafen Köln-Bonn für Aufsehen. Der Arbeitgeber hatte den Beschäftigten unter anderem vorgeschrieben, dass sie unter ihrer Dienstkleidung Unterwäsche tragen müssten. Zu Recht, entschied das Landesarbeitsgericht in Köln (Az.: 3 TaBV 15/10). Fortan mussten die Mitarbeiter im Dienst einfarbige Unterhosen in Weiß oder Hautfarben tragen, für die Frauen wurde zudem das BH-Tragen obligatorisch. Auch die Vorschrift, dass Fingernägel nicht länger als 0,5 Zentimeter lang sein durften, ließen die Richter gelten.

In diesem Fall wird es kniffelig, denn dann konkurriert das Direktionsrecht des Arbeitgebers mit der religiösen Selbstbestimmung des Arbeitnehmers. Und die Anti-Diskriminierungsrichtlinie der EU schafft Regeln gegen die Diskriminierung am Arbeitsplatz "aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung". Eine Ungleichbehandlung kann aber erlaubt sein, wenn die Vorgabe "eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt". Mit dieser Frage werden sich die Richter in den kommenden Monaten auseinandersetzen müssen.

Das Bundesarbeitsgericht hat 2014 entschieden, dass kirchliche Einrichtungen ihren Mitarbeitern das Tragen eines Kopftuches prinzipiell verbieten dürfen, denn sie dürften von ihren Mitarbeitern zumindest Neutralität verlangen - das Kopftuch sei aber ein Symbol des islamischen Glaubens (Az.: 5 AZR 611/12).

Erst im März 2015 hatten zwei muslimische Frauen aus NRW beim Bundesverfassungsgericht das Aus für ein generelles Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen erreicht. Das höchste deutsche Gericht erklärte eine entsprechende Vorschrift im Schulgesetz für verfassungswidrig. Das Gericht kippte zudem eine Passage, die eine Bevorzugung christlicher Werte und Traditionen darstellt.

(maxi)
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