Düsseldorf Das Amazon für Handwerker

Düsseldorf · Bücher, Kleidung, Musik - fast alles wird heute über das Internet verkauft. Nun will das Düsseldorfer Startup Zoro Tools auch Schrauben, Mörtel und Akkubohrer im Netz vertreiben.

Manche Unternehmen verteilen Kugelschreiber als Werbegeschenk, bei Zoro Tools Europe gibt es einen Duft-Anhänger in Form einer vollbusigen Blondine, die sich auf einem Schraubenschlüssel räkelt. "Auch gut bestückt: Unser Online-Shop", steht darunter geschrieben. Es ist ein Klischee, das sich die Handwerker an den Rückspiegel ihres Mercedes Sprinter hängen sollen - aber das Düsseldorfer Start-up hofft wohl auf den Humor der Berufsgruppe.

Das frivole Duftbäumchen ist die einzige Extravaganz, die sich Dirk Kiele-Dunsche und sein Team leisten. Ansonsten geht es in dem Büro im Medienhafen ziemlich seriös zu. Für Startup-Atmosphäre sorgt immerhin der Tischkicker. Für den Chef von Zoro Tools ist genau diese Mischung das Erfolgsrezept, um den deutschen Handwerksmarkt mit einem Online-Shop aufzurollen.

Es ist einer der letzten Bereiche im Handel, den die Digitalisierung noch nicht voll erfasst hat. Bislang dominieren in Deutschland Fachhändler und Baumärkte das Bild. Selbst beim Schraubenhändler Würth, der stark im Direktvertrieb ist, macht der Online-Handel erst 13 Prozent des Umsatzes von rund 1,5 Milliarden Euro aus.

Doch nachdem sich Online-Anbieter den Buch-, Musik- und Textilhandel vorgenommen haben, ist nun das Geschäft von Unternehmen zu Unternehmen (B2B) an der Reihe. "Der B2B-Bereich wird deutlich schneller und stärker digitalisiert werden", prophezeit Wolf Wagner, Handelsexperte von der Unternehmensberatung EY. Der Profi sei aus Sicht von Digitalfirmen viel interessanter als der normale Konsument, weil er deutlich berechenbarer arbeitet. Das mache die Planung für Anbieter viel einfacher.

Diesen Vorteil will Zoro Tools nutzen, um ähnlich wie Amazon im Buchhandel das Handwerk umzukrempeln. "Natürlich haben heute alle eine Online-Strategie", sagt Zoro Tools-Chef Dirk Kiele-Dunsche, doch "ein Fachhändler hat nicht mal im Ansatz so ein großes Sortiment wie wir - und wir können die Produkte zu einem sehr attraktiven Preis anbieten."

Denn im klassischen Fachhandel sei es doch so: Neben den Bruttolistenpreisen gebe es eine Rabattliste - und je größer der Kunde sei, desto mehr Rabatt bekomme er auch. Trotzdem seien die Produkte immer noch viel teurer, als sie sein müssten. "Teilweise machen die Kosten für Personal, Miete und Energie mehr als die Hälfte des Preises aus."

Das ist nicht nur für Handwerker interessant: Eine der ersten Bestellungen in dem Online-Shop kam vom deutschen Bundestag - per Fax. Ungewöhnlich ist das in der Branche nicht, viele bestellen so seit Jahren und bezahlen danach per Rechnung. Auch das hat Tradition.

Der Handel mit Lösemittelmasken, Druckluftnaglern und Maurerkellen unterscheidet sich eben noch vom Geschäft von Textilmarken wie Strellson, die ihre Büros in unmittelbarer Nachbarschaft zu Zoro Tools haben. Dafür bestellen Handwerker die Bohrmaschine nicht in drei unterschiedlichen Größen, um am Ende doch nur eine zu behalten. "Bei Kleidung haben sie teilweise eine Retouren-Quote von mehr als 50 Prozent, bei uns unter zehn Prozent", sagt Kiele-Dunsche.

Auch er, der nach einer Kfz-Lehre Fahrzeugtechnik studierte, hat in den vergangenen Monaten bei Zoro Tools, der Tochterfirma des auf den Verkauf von Industriegütern spezialisierten US-Konzerns Grainger, viel über den Online-Handel gelernt. "Als deutscher Ingenieur hatte ich den Ansporn, mit einem perfekten Shop an den Start zu gehen. Die Amerikaner ticken da ganz anders. Wir sind dann mit einem Kompromiss gestartet und haben den Shop erst mit der Zeit optimiert."

Dem Erfolg hat dies bislang aus seiner Sicht nicht geschadet. "Wir liegen bei unseren Zielen über Plan." Nun soll expandiert werden. In Österreich liefert Zoro Tools bereits erste Test-Bestellungen aus, zwei weitere EU-Länder sollen 2015 als Märkte hinzukommen. Auch das Sortiment, das über Partner und Logistikzentren mehr als 350 000 Artikel umfasst, soll ausgebaut werden.

Geschwindigkeit ist wichtig, immerhin könnte bald das "richtige" Amazon den europäischen Markt angreifen. In den USA gibt es den Dienst für Industriekunden bereits, oft wurde über einen Start in Europa spekuliert. Wenn dieser erfolgt, ist sich Handelsexperte Wolf Wagner sicher, wird es für Konkurrenten schwer. "Die Erfahrung aus anderen Branchen zeigt, dass es maximal drei reine Online-Händler von Bedeutung geben wird - und Amazon wird auf jeden Fall dazugehören." Auch dem chinesischen Unternehmen Alibaba traut er eine wichtige Rolle zu. Bliebe noch ein Platz übrig - vielleicht für Zoro Tools.

(frin)
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