Athen Das Grexit-Gespenst kehrt zurück

Athen · Athen verschleppt Reformen, die Gläubiger sind zerstritten. Nun drohen Neuwahlen.

Dieses Jahr soll Griechenland endlich den Aufschwung bringen, verspricht Premierminister Alexis Tsipras. Aber die Wirtschaftszeitung "Imerisia" plagt eine Vorahnung: "Der Albtraum von 2015 kehrt zurück", titelte sie am Wochenende. Das Datum weckt schlimme Erinnerungen. Nach seinem Wahlsieg Anfang 2015 führte Tsipras Griechenland an den Rand des Bankrotts. Am Ende musste er im Juli ein hartes Sparprogramm unterschreiben.

Heute steht das Land vor einer ähnlichen Situation: Die Verhandlungen mit den Gläubigern sind festgefahren. Die von Tsipras geführte Koalition aus Links- und Rechtspopulisten verschleppt versprochene Reformen wie die Liberalisierung der Arbeitsgesetze, die Einschränkung der Gewerkschaftsrechte und die Öffnung des Energiemarkts. "Ich weiß nicht, was die griechische Regierung sich dabei denkt", sagte unlängst Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Zudem sind die Gläubiger uneinig. Ein Knackpunkt ist die weitere Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Rettungsprogramm. Schäuble möchte den IWF als Kontrolleur an Bord behalten. Der Fonds wiederum macht dies von einem Schuldenschnitt für Griechenland abhängig. Im Bericht zur Schuldentragfähigkeit Griechenlands, den der IWF am 6. Februar vorlegen will, zeichnet er ein dramatisches Bild. Selbst bei Umsetzung der Reformen drohe eine Schuldenexplosion. Der IWF prognostiziert, dass Griechenlands Schuldenquote von 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zwar bis 2022 auf 164 Prozent fallen, bis 2060 aber auf 275 Prozent steigen könnte. Daher brauche man eine "substanzielle Umschuldung", so der IWF.

Einen Schuldenschnitt schließen die Euro-Partner aber derzeit aus. Der Streit verzögert die Prüfung des Reformprogramms. Von ihr hängt die Freigabe neuer Hilfen ab. Im Juli muss Athen für Zinsen und Tilgung von Anleihen 7,4 Milliarden Euro aufbringen. Investoren sind verunsichert. Die Renditen griechischer Staatsanleihen steigen.

Tsipras' Ziel, in diesem Jahr an den Kapitalmarkt zurückzukehren, erscheint illusionär. Gut möglich, dass der Syrizya-Chef einen Befreiungsschlag versucht und in diesem Frühjahr Neuwahlen herbeiführt. Anders als 2015 kann er aber nicht sicher sein zu gewinnen. Bei der Sonntagsfrage liegt sein Linksbündnis weit abgeschlagen hinter den oppositionellen Konservativen.

(RP)
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