Berlin Der Mindestlohn steigt 2017 auf 8,84 Euro

Berlin · Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter zeigen sich zufrieden mit dem Beschluss der unabhängigen Kommission.

Der gesetzliche Mindestlohn für rund fünf Millionen Arbeitnehmer wird zum 1. Januar 2017 um 34 Cent auf 8,84 Euro pro Stunde erhöht. Das beschloss die unabhängige Mindestlohnkommission einstimmig, wie ihr Vorsitzender Jan Zilius gestern in Berlin bekannt gab.

Die Kommission entscheidet alle zwei Jahre über eine Anpassung. Neben dem früheren Arbeitsdirektor des RWE-Konzerns, Zilius, gehören ihr jeweils drei stimmberechtigte Vertreter der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite sowie zwei nicht stimmberechtigte Wissenschaftler an. Das Gremium orientiert sich nachlaufend an der Tarifentwicklung. Dem ersten Beschluss lag der Zeitraum zwischen Januar 2015 und Ende Juni 2016 zugrunde.

Umstritten war zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, welche Tarifsteigerungen genau mitberücksichtigt werden sollten. Man einigte sich darauf, auch die Tariflohnerhöhungen im öffentlichen Dienst einzubeziehen, die zwar verbindlich vereinbart sind, aber erst nach dem 30. Juni effektiv werden. Ohne diese Einbeziehung wäre der Mindestlohn auf nur 8,77 Euro gestiegen. Der Beschluss der Kommission enthielt wegen dieses Zugeständnisses ein weiteres Detail: Wenn die Kommission Mitte 2018 über die nächste Anpassung des Mindestlohns im Jahr 2019 entscheidet, solle der Ausgangspunkt der Betrag von 8,77 Euro sein. Damit werde sichergestellt, dass die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst bei der Mindestlohn-Anpassung nicht doppelt berücksichtigt werde.

Die Gewerkschaften scheiterten mit ihrer Forderung, auch die Tariferhöhungen in der Metallindustrie zu berücksichtigen, die erst am 1. Juli wirksam werden. Hätten auch sie eine Rolle gespielt, wäre der Mindestlohn um weitere vier Cent höher ausgefallen. Dennoch zeigte sich Kommissionsmitglied Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zufrieden: "Aus unserer Sicht ist das Glas etwas voller als halb leer." Vollzeitbeschäftigte mit einer Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden hätten nun 55 Euro im Monat mehr. Körzell beklagte jedoch mangelnde Kontrollen bei Unternehmen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll. Ihr Personal müsse um 10.000 Stellen aufgestockt werden.

Er sehe "keine negativen Auswirkungen durch die beschlossene Anpassung", wenn die Konjunktur so robust bleibe wie bisher, sagte Arbeitgebervertreter Reinhard Göhner. Da man sich am Tarifindex orientiere, werde der Mindestlohn auch 2020 noch nicht die Schwelle von zehn Euro überschritten haben.

Noch gebe es keine verlässlichen Daten darüber, wie sich der Mindestlohn auf Beschäftigung und Preise ausgewirkt habe, sagte Zilius. Lediglich ein Rückgang bei den Mini-Jobs sei bisher feststellbar.

Das Taxigewerbe berichtete allerdings von erheblichen Preiserhöhungen. Der Einzelhandelsverband HDE kritisierte die Erhöhung als "riskantes Experiment". Ifo-Chef Clemens Fuest, selbst Mitglied der Kommission, erklärte, er hätte es angesichts der Flüchtlingszuwanderung für angemessen gehalten, den Mindestlohn nicht zu erhöhen.

(mar)
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