Berlin Deutlich mehr Strafen wegen Hartz-IV-Verstößen

Berlin · Die Arbeitsagenturen haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Strafen gegen Hartz-IV-Empfänger verhängt und ihnen die Bezüge gekürzt als im vorangegangenen Jahr. Im Vergleich zu 2010 sei die Zahl der Hartz-IV-Sanktionen 2011 um etwa zehn Prozent gestiegen, erklärte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Leistungen für die betroffenen erwerbsfähigen Arbeitslosengeld-II-Bezieher seien im Schnitt vorübergehend um 116 Euro pro Monat gesenkt worden, 2010 waren es noch 107 Euro.

Die Fallmanager in den Job-Centern verhängten in 912 377 Fällen Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher, im Jahr 2010 kam es dagegen nur in 829 375 Fällen zu Verfehlungen und Leistungskürzungen. Die BA erklärte den Anstieg damit, dass die Job-Center den Langzeitarbeitslosen dank der guten Konjunktur häufiger Jobangebote hätten machen können als zuvor. Deshalb sei auch die Zahl derer gestiegen, die wegen der Verweigerung eines Jobs auf einen Teil ihrer Bezüge hätten verzichten müssen. Zudem kontrollieren die Arbeitsagenturen heute besser als in den Vorjahren. "Die Arbeitsabläufe in den Job-Centern sind effizienter und professioneller geworden", sagte die Sprecherin der BA. Auch seien die Vorschriften durch den Gesetzgeber klarer gefasst worden.

Trotz der Zunahme der Strafen mussten 2011 nur 3,4 Prozent der 4,4 Millionen erwerbsfähigen Leistungsbezieher Kürzungen hinnehmen. "Die überwiegende Zahl aller erwerbsfähigen Leistungsbezieher macht mit, engagiert sich und will in Arbeit kommen", sagte eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums. Nur 15 Prozent der Sanktionen resultierten aus der Weigerung, eine Arbeit aufzunehmen. Die meisten Betroffenen hätten Meldefristen nicht eingehalten. In Berlin war die Sanktionsquote 2011 mit 4,4 Prozent am höchsten, in Bremen mit 2,7 Prozent am niedrigsten. NRW rangiert mit 3,3 Prozent im Mittelfeld der Länder.

Während die Arbeitsagenturen mehr Sanktionen verhängten, ging die Zahl der echten Betrugsfälle zurück. Im vergangenen Jahr leitete die BA 177 500 Straf- und Bußgeldverfahren wegen Missbrauchs ein, das waren fast 50 000 Fälle weniger als 2010. Betrug liegt vor, wenn Hartz-IV-Bezieher den Behörden Vermögen oder Einkünfte verschweigen oder schwarz arbeiten.

Linke und Grüne kritisierten den Ansatz, Verfehlungen von Hartz-IV-Beziehern konsequenter zu ahnden. Die sozialpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Katja Kipping, verwies auf die Welle erfolgreicher Klagen und forderte die Abschaffung der Sanktionen. "Nicht Sanktionen, bürokratische Zumutungen und Gängelung, sondern faire Spielregeln, eine gute Betreuung und passgenaue Weiterbildungsangebote sind das Erfolgsrezept", sagte Grünen-Politikerin Brigitte Pothmer.

(RP/jh-)
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