Düsseldorf Deutsche-Bank-Chef rechnet mit Jain ab

Düsseldorf · John Cryans erster Auftritt als Spitzenmann hat Eindruck hinterlassen. Die Bank verdiente im bisherigen Jahresverlauf deutlich mehr als 2014, doch das reicht Cryan nicht. Die Kosten müssen runter, die Rendite muss rauf. Die Börse dankt.

Teure juristische Pleiten für die Deutsche Bank
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Foto: dpa, brx fpt tmk

Ende April war Anshu Jain noch Co-Chef der Deutschen Bank. Damals lobte er die ausgewogene Aufstellung der Bank, die erfolgreiche Umsetzung eines milliardenschweren Kostensenkungsprogramms seit seinem Amtsantritt 2012 und die Anfänge des viel beschworenen Kulturwandels, dem sich die Bank unterwerfen wollte. Drei Monate später ist er faktisch aus dem Amt gejagt worden, und sein Nachfolger John Cryan hat seinem Vorgänger gestern vor Augen geführt, was er von den vermeintlichen Fortschritten in der Ära Jain hält. Der Gewinn sei nicht "annähernd da, wo wir sein sollten", die Kosten seien viel zu hoch. Cryan sprach von "verschwenderischem Umgang mit unseren hart verdienten Erträgen".

Die Rhetorik des neuen Mannes klingt nach Abrechnung. Die Wahl der Worte ist ein sicheres Indiz dafür, dass die harten Zeiten für die Deutsche Bank und vor allem für deren noch vorhandenes Personal noch lange nicht vorbei sind. "Veränderungen können belastend sein, aber den Status quo beizubehalten, ist keine Option", hat Cryan gesagt. Wer jetzt noch daran zweifelt, dass bei der Deutschen Bank ein weiterer, gravierender Stellenabbau in vermutlich vierstelliger Höhe bevorsteht, der hat den Kurswechsel noch nicht in allen Facetten verstanden. Gegenüber manchem Konkurrenten in Europa und Übersee hat Deutschlands größte Bank in Sachen Sparen noch deutlichen Nachholbedarf.

Für die Eigentümer der Bank ist Cryans Klartext-Rede eine freudige Ankündigung gewesen. Die hat nämlich dafür gesorgt, dass der Aktienkurs gestern um mehr als drei Prozent gestiegen ist. Der Börsenwert der Deutschen Bank ist damit so hoch gewesen wie seit dem Frühjahr nicht mehr. Das ist eine Entwicklung, die potenzielle Investoren von der Werthaltigkeit eines Engagements überzeugen könnte. Das ist natürlich ganz im Sinne von Cryan. Was die Börsianer verstärkt für den künftigen Chef einnimmt, ist seine Forderung nach einer deutlich höheren Rendite. Die ist unter der Führung von Jain und seinem Co-Partner Jürgen Fitschen inakzeptable gering geworden. Erst schrumpften sie die Zielvorgaben des großen Josef Ackermann, der einst 25 Prozent Rendite vor Steuern gefordert hatte, auf 17 bis 18 Prozent, dann lautete die Zielsetzung nur noch "mehr als zehn Prozent nach Steuern (was bestenfalls noch 15 vor Steuern entspricht). Selbst davon kam im vergangenen Jahr gerade mal ein Viertel raus, und bis Ende Juni hat die Bank auch noch nicht einmal sechs Prozent nach Steuern erreicht.

Cryans Perspektive ist, auch wenn es keiner so sagt, ein bisschen Rückkehr in die alte Denkwelt des Josef Ackermann. Wobei man natürlich nicht verschweigen darf, dass die Renditeschwäche der Deutschen Bank auch den hohen Kosten geschuldet ist, die die Deutsche Bank wegen ihrer vielen juristischen Auseinandersetzungen tragen muss und daran sind Jürgen Fitschen und Anshu Jain teils nicht, teils nicht allein Schuld.

Immerhin ist die Bank im zweiten Quartal des laufenden Jahres schon deutlich besser geworden. Rund 818 Millionen Euro hat sie unter dem Strich zwischen April und Juni verdient, das ist rund dreimal so viel wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Der Vorsteuergewinn ist um ein Drittel auf 1,2 Milliarden Euro gestiegen, doch die Rückstellungen von annähernd vier Milliarden Euro für juristische Altlasten drücken noch immer aufs Ergebnis. Wie viel der weitere Umbau der Bank kosten wird, ist noch offen. Fest steht aber, dass die Aufwendungen dafür in den nächsten Quartalen noch große Gewinne verhindern werden. Auch unter der Führung von John Cryan brauchen Deutsche-Bank-Aktionäre also vorerst noch Geduld.

(RP)
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