Düsseldorf Deutsche-Bank-Chef warnt vor "Grexit"

Düsseldorf · Jürgen Fitschen hat beim Neujahrsempfang in Düsseldorf jene kritisiert, die glauben, sich in die Wahlen in Griechenland einmischen zu müssen. Sein Bild von der geopolitischen Lage ist kritisch. Die eigene Branche sieht er im Umbruch.

Als der Co-Chef der Deutschen Bank gesten im Museum Kunstpalast ans Redner-Mikrofon tritt, wünscht er den rund 450 Zuhörern ein friedliches neues Jahr. Aber Jürgen Fitschen schränkt sofort ein, dass der Friede nach dem Anschlag von Paris schon wieder ein bisschen brüchig geworden sei. Das klingt zum Beginn einer Rede natürlich ein wenig düster. Und tatsächlich wirkt Fitschens anschließende Analyse der geopolitischen und ökonomischen Lage bei allem Willen, die Probleme der Zukunft in Angriff zu nehmen, wenig zuversichtlich.

"Wer heute die Vereinigten Staaten von Europa ausruft, der wird dafür geprügelt", urteilt der überzeugte Europäer Fitschen. Er sieht zu viele nationalpolitische Tendenzen, zu wenig Miteinander. Das gilt aus seiner Sicht auch für die Diskussion um einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone und für politische Stimmen, die weitere Hilfen für Athen faktisch davon abhängig machen wollen, ob die Hellenen einen zum Wahlsieger küren, der die Fortsetzung des Reformkurses garantiert.

Das ist vermutlich nicht Alexis Tsipras, weil der Chef der linksgerichteten Partei Syriza im Falle eines Wahlsiegs schon mit dem Stopp von Zins- und Schuldzahlungen gedroht hat. Aber: "Wir haben nicht das Recht, in einer Demokratie den Menschen vorzuschreiben, was sie zu wählen haben", warnt Fitschen und fordert, die Diskussion über den "Grexit" müsse beendet werden. Aber natürlich verlangt der Manager auch von den Griechen weitere Anstrengungen, aus der Krise zu finden. Er verweist auf Spanien, wo binnen eines Jahres eine halbe Million neue Jobs entstanden seien, und auf die einstigen Krisenländer Irland und Portugal, die den Schutz des Euro-Rettungsschirms nicht mehr benötigten: "Da sieht man, dass es irgendwann aufwärts geht."

Das ist der Punkt, an dem Fitschen ein wenig Optimismus ausstrahlt. Aber es gibt auf der anderen Seite in seiner Sicht der Dinge noch viel zu viele Krisen und Krisenszenarien. Die Rezession in Italien gehört dazu, die wirtschaftliche Schwäche in Frankreich, die Ukraine-Krise mit den gewaltigen Spannungen zwischen Westeuropa und Russland. "Alles, was bei dem Thema politisch passiert, ist nicht zielführend", analysiert Fitschen, "und die Bürger in Russland zahlen den Preis dafür." Über Russland ist man dann schnell bei der Ölkrise, beim Preiskampf zwischen den Förderstaaten und der frackenden Konkurrenz in den USA, bei den Exporteuren, die unter der schwachen Einnahmesituation in den Erdöl exportierenden Ländern leiden ("Ich habe große Sorgen um die politische Stabilität in diesen Ländern"), beim immer noch schwelenden Konflikt zwischen den asiatischen Wirtschafts-Großmächten China und Japan.

Geopolitisch ist aus Fitsches Sicht also Vieles im Argen. Und die eigene Branche? Die wird nach Einschätzung des Managers, der gleichzeitig Präsident des privaten Bankenverbandes ist, durch drei große Trends gekennzeichnet:

- die europäische Geldpolitik, die mit den noch auf Jahre hinaus niedrigen Zinsen eine der großen Herausforderungen für die Geldwirtschaft ist

- die Digitalisierung, die Milliarden kostet und die Branche nach Fitschens Einschätzung unweigerlich in eine Konsolidierung führen wird

- die wachsende Regulierung, beispielsweise durch die geplante Finanztransaktionssteuer. Die, so glaubt der Konzernchef, wollten mache Politiker schon längst nicht mehr. Tragen könnten die Steuer auf keinen Fall die Banken: "Von rund 30 Milliarden Euro Einnahmen für den Staat war die Rede. So viel verdienen Europas Banken aber gar nicht. Am Ende wird also der Anleger die Steuer zahlen müssen."

(RP)
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