Frankfurt/M. Deutsche-Bank-Manager - ein Fall für die Justiz

Frankfurt/M. · Zu den Beschuldigten gehört Co-Chef Jürgen Fitschen. Sein Vertrag läuft bis Ende März 2017. Aber was wäre, wenn er verurteilt würde?

Im Oktober 2013 hat die Deutsche Bank den Vertrag mit ihrem Co-Chef Jürgen Fitschen vorzeitig um zwei Jahre bis 31. März 2017 verlängert. Das ist fast ein Jahr her, und damals gingen die Verantwortlichen bei Deutschlands größter Bank wohl nicht davon aus, dass sich die eine Hälfte der amtierende Vorstandsspitze 2015 in einem Strafprozess wegen versuchten Betrugs verantworten müsste.

Der droht Fitschen aber nun. Die Staatsanwaltschaft München I hat bestätigt, dass sie den 66-jährigen Manager sowie seine Amtsvorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer anklagt, zudem den früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Börsig und den ehemaligen Vorstand Tessen von Heydebreck, der von 1994 bis 2007 dem Vorstand der Bank angehörte, dann aus Altersgründen ausschied und im Januar 70 wird. Die Anklage gegen Fitschen, Ackermann, Breuer und Börsig lautet auf versuchten schweren Betrug (in diesem Fall als Prozessbetrug bezeichnet), gegen Börsig und von Heydebreck zudem auf uneidliche Falschaussage. Die juristische Begründung für den Unterschied zwischen beiden Vorwürfen: Wegen uneidlicher Falschaussage können nur Zeugen belangt werden. Breuer selbst war aber im Kirch-Prozess direkt betroffen; Ackermann und Fitschen sagten im Rahmen einer Anhörung als Vertreter der Bank aus, nicht als Zeugen.

Die Frage, die sich nun viele stellen, ist die, ob Fitschen, der einzige amtierende Manager im Quintett der Beschuldigten, im Falle eines Prozesses im Amt bleiben könnte. Wer die jüngere Vergangenheit als Vergleichsmaßstab bemüht, müsste diese Frage mit Ja beantworten. Fisches Vorgänger Josef Ackermann musste sich gleich zweimal - im ersten Mannesmann-Prozess und bei dessen Neuauflage - wegen Untreue verantworten. Zurückgetreten ist der heute 66-jährige Schweizer in dieser Zeit nicht.

Vermutlich hat auch Fitschen das nicht vor. Er hat wie alle anderen Beteiligten stets seine Unschuld beteuert und dem Vernehem nach sogar ein Angebot der Staatsanwaltschaft abgelehnt, die Ermittlungen gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen. Die Einigung soll seinerzeit nicht zustande gekommen sein, weil die Bank fürchtete, der Deal könnte bei der Finanzaufsicht Bafin Zweifel an der Eignung Fitschens zur Führung der Bank auslösen. Dann lieber zittern und auf einen Freispruch hoffen, lautete offenbar die Devise.

Die Vertragsverlängerung vor gut einem Jahr kann man in dem Zusammenhang durchaus als öffentliches Bekenntnis der Bank zu ihrem Vorstandschef werten. Dass Fitschen 2017 mit dann 69 Jahren ausscheiden wird, gilt längst als beschlossene Sache. Und da niemand weiß, wann im nächsten Jahr ein Prozess beginnen könnte, bleibt auch offen, ob ein mögliches Urteil nicht ohnehin erst frühestens 2016 fallen könnte. Sollte Fitschen dann tatsächlich verurteilt werden, wäre eine vorzeitige Demission wohl nicht das größte Problem der Bank. Entweder bleibt ihr Zeit genug, nach einem geeigneten Nachfolger Ausschau zu halten -was ja bereits im vergangenen Jahr ein Thema war -oder der Brite Anshu Jain, als Investmentbanker in seinem vorherigen Banker-Leben mal gefeiert, mal scharf kritisiert, füllt dann die Rolle des Vordenkers doch allein aus -einschließlich aller politischen Lobby-Arbeit in Berlin, für die Fitschen beim Amtsantritt des Führungs-Duos vor zwei Jahren unentbehrlich zu sein schien.

Auf jeden Fall würde ein Prozess gegen die Manager umfangreich. Das dokumentiert schon die Dicke der Anklageschrift. Die umfasst nach Angaben der Staatsanwälte 627 Seiten, die Ermittlungsakten füllen demnach 143 Leitz-Ordner. Dazu kämen vermutlich etliche Zeugen. Ein neuerlicher Mammutprozess also, der wieder einmal begleitet würde von einem Schaulaufen des "Who is Who" der deutschen Anwaltsszene.

(RP)
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