München Peter Noll - der Mann, der über Fitschen richtet

München · Ein grüner Kommunalpolitiker aus einer bayerischen Kleinstadt leitet den Prozess gegen die Deutsche-Bank-Manager.

Wenn Peter Noll nicht gerade im Gerichtssaal sitzt und sich mit öffentlichen Größen wie renommierten aktuellen und früheren Deutsche-Bank-Managern, dem Siemens-Konzern, dem früheren BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsksy oder der Formel-1-Legende Bernie Ecclestone beschäftigt, dann kümmert er sich um Nahverkehrskonzepte, das denkmalgeschützte Schulgebäude in Utting oder die Frage, wie man den Senioren in der kleinen bayerischen Gemeinde das Leben erleichtern kann. Der Mann, der über die mögliche Schuld von Jürgen Fitschen und Josef Ackermann urteilen soll, ist in seinem anderen Leben grüner Kommunalpolitiker. Hobbymäßig, sozusagen.

Peter Noll - ein Richter zwischen zwei Welten.

Einerseits bekannter Volljurist, der durch seinen Hang zur Fliege statt Krawatte ebenso auffällt wie durch die spektakulären Fälle, für die er zuständig war. Dazu gehörten auch der damalige Medienkonzern EM.TV und der Siemens-Ableger Infineon. Die Deutsche Bank ist sein letztes Großprojekt vor dem Wechsel an das Oberlandesgericht München. Der nächste Karriereschritt steht für den 47-Jährigen also unmittelbar bevor.

Andererseits ist Noll Fraktionsvorsitzender der Grünen Alternativen Liste in Utting. Utting? Eine Gemeinde mit nicht einmal 4500 Einwohnern, deren hervorstechendsten Eigenschaften darin bestehen, dass sie im Landkreis Landsberg/Lech liegt (das ist der Ort, in dessen Gefängnis Uli Hoeneß den ersten Teil seiner Haftstrafe verbüßte) und dass der 2014 verstorbene deutsche Schauspieler Gottfried John dort mal gelebt hat. Noll ist hier seit sechs Jahren im Gemeinderat aktiv, und er ist neben seinem Job als Fraktionschef auch Referent für Kultur und Senioren.

Ein wesentlicher Teil des Gemeindelebens also. Seine Rolle als Richter über Wirtschaftsgrößen macht Noll in einer so kleinen Stadt natürlich extrem prominent, aber davon lässt sich der Mann die Sinne nicht vernebeln. Er gilt als kühler Kopf, als jemand, der die klare Sprache pflegt und der sich beispielsweise nicht von dem beeinflussen lässt, was andere Gerichte in ähnlichen Fällen entschieden haben. Entsprechend hat Noll schon mal durchblicken lassen, dass das Urteil des Oberlandesgerichts München, das die Deutsche Bank vor Jahren im Zivilprozess gegen Kirch zu Schadenersatz verurteilte, nichts Richtungsweisendes für ihn hat. Das schafft Hoffnung für Fitschen und Co. die sich stets gegen den Vorwurf gewehrt haben, die Bank habe ihrem früheren Kunden Leo Kirch ein Beratungsmandat aufzwingen wollen.

Andererseits ist Noll auch stets für eine Überraschung gut. Das hat der Fall Ecclestone gezeigt. Der Prozess gegen den Chef der Formel 1, der den früheren Bankmanager Gribkowsky bestochen haben sollte, wurde gegen Zahlung einer Geldauflage von etwa 100 Millionen Dollar eingestellt. So eine Dimension hatte es in deutschen Strafprozessen bis dato nicht gegeben.

(RP)
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