Frankfurt Deutsche Bank: Razzia wegen dubioser Kunden

Frankfurt · Erneut durchsuchen Fahnder die Zentrale. Es geht um Steuerbetrug von Kunden. Zugleich wird es vor Gericht eng für einen Ex-Vorstand.

Die Deutsche Bank kommt nicht zur Ruhe. Fahnder durchsuchten gestern die Konzernzentrale in Frankfurt. Schon am Morgen fuhren mehrere Wagen der Kriminalpolizei und der Steuerfahndung bei den Doppeltürmen in der Frankfurter Innenstadt vor. Sie hätten nach Beweismitteln über Wertpapiertransaktionen mehrerer Kunden gesucht, bestätigte ein Sprecher des Geldhauses. Die Ermittlungen richteten sich nicht gegen Mitarbeiter der Bank selbst.

Mit den Wertpapiertransaktionen sind so genannte "Cum-Ex-Geschäfte" gemeint. Hier werden Aktien rund um den Dividenden-Zahltag schnell hintereinander ge- und verkauft. Vor dem Stichtag werden sie mit (lateinisch: cum) einem Ausschüttungsanspruch gehandelt, danach ohne (lateinisch: ex). Dabei kann es zur mehrfachen Erstattung von Kapitalertragsteuern kommen. Dieses Steuerschlupfloch hat die Politik zwar inzwischen geschlossen. Dennoch versuchen manche, auf diese Art den Fiskus zu betrügen.

Die Bank-Mitarbeiter dafür zu belangen, dürfte schwierig sein, meint Christoph Schalast, Bankenexperte der Frankfurt School of Finance. Denn wenn es eine entsprechende rechtliche Beurteilung gebe, die Rechtsexperten der Bank also ein Geschäft für rechtmäßig hielten, dann könne man die Mitarbeiter nicht belangen. Allerdings ist die Frage, ob solche Cum-Ex-Geschäfte rechtswidrig waren, noch nicht geklärt. Eine generelle Gerichtsentscheidung steht noch aus.

Nicht nur die Kunden der Deutschen Bank haben solche Geschäfte abgewickelt, es laufen auch Ermittlungen gegen Kunden anderer Banken, etwa der HypoVereinsbank. Branchenweit könnten die Finanzämter nach Einschätzung von Steuerrechtlern um eine Milliardensumme erleichtert worden sein.

Dennoch kommen die neuerlichen Durchsuchungen für die Deutsche Bank gerade zur Unzeit: Sie ist in viele gerichtliche Auseinandersetzungen verstrickt, die das noch amtierende Führungsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen eigentlich beenden wollten. Am Wochenende hatte die Bank den Führungswechsel bekannt gegeben: Co-Chef Anshu Jain tritt zum Monatsende zurück, ihm folgt der bisherige Aufsichtsrat John Cryan nach. Jürgen Fitschen legt sein Amt im Mai 2016 nieder.

Die Deutsche Bank hat schon häufiger Besuch von der Staatsanwaltschaft bekommen. Im Verfahren um Umsatzsteuerbetrug beim Handel mit Verschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate) wurde die Zentrale der Bank in Frankfurt gleich zwei Mal durchsucht: im April 2010 und Ende 2012. Im März 2014 durchsuchten Ermittler dann erneut Räume in Frankfurt sowie Privaträume eines Beschuldigten, um Beweismaterial im Fall Leo Kirch sicherzustellen.

Die Verstrickung der Bank in die Pleite des Medienkonzerns war gestern auch wieder Thema im Landgericht München. Richter Peter Noll äußerte Zweifel an der Aussage des Angeklagten Tessen von Heydebreck, einst Vorstand der Deutschen Bank. "Mit Verlaub, das klingt für mich nach einer eingeräumten Falschaussage, Herr von Heydebreck", sagte Noll bei der Befragung des Managers. Heydebreck sitzt mit Fitschen und dessen Amtsvorgängern Josef Ackermann und Rolf Breuer auf der Anklagebank. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sollen die Banker ein anderes Gericht belogen haben, um eine milliardenschwere Schadenersatzklage von Kirch abzublocken. Nächste Woche soll Fitschen aussagen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort