Frankfurt/M. Deutsche Bank will Postbank loswerden

Frankfurt/M. · Der Konzern wird seine Tochter komplett verkaufen oder mitsamt des eigenen Privatkundengeschäfts in Teilen an andere Investoren abgeben. Der Konzern dementiert, dass eine Entscheidung bereits gefallen sei. Der Aktienkurs fällt.

Sechs Tage vor der entscheidenden außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der Deutschen Bank wird immer intensiver über die künftige Ausrichtung von Deutschlands größtem Geldhaus diskutiert. Im Zentrum aller Debatten steht die Postbank, die in ihrer aktuellen Form so oder so keine Zukunft mehr im Deutsche-Bank-Konzern hat. Die entscheidende Frage: Verkauft der deutsche Branchenführer seine Tochter komplett? Oder gliedert er sein komplettes Privatkundengeschäft (also die Postbank und die eigenen Filialen) in eine eigenständige Gesellschaft aus und verkauft einen Teil davon - womöglich sogar über die Börse?

Wie immer in solchen Fällen schweigt sich das Unternehmen weitgehend aus. Das Aufsichtsratstreffen am kommenden Freitag wird einen offiziellen Beschluss bringen; kommuniziert wird der dann aber vielleicht erst am Mittwoch danach, wenn die Bank ihre Quartalszahlen präsentiert - 24 Stunden nach dem Start des Strafprozesses gegen Co-Chef Jürgen Fitschen sowie vier ehemalige Führungskräfte. Das Quintett steht unter anderem wegen des Verdachts auf Prozessbetrug im Zivilverfahren gegen die Kirch-Erben vor Gericht.

Was die Zukunftsstrategie angeht: Dass schon eine Vorentscheidung für einen Komplettverkauf der Postbank gefallen sei, wie das der "Spiegel" berichtet, hat die Bank gestern dementiert. Dass die gesamte Privatkundensparte abgespalten werden soll, hat aber auch noch niemand bestätigt. Die Führungsspitze mit den beiden Konzernchefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen mag diese Variante bevorzugt haben.

Doch damit stößt sie zumindest in der Berliner Politik offenbar auf Vorbehalte. Denn eine Abspaltung würde dazu führen, dass die Deutsche Bank an einer Privatkundenbank beteiligt wäre, die in großen Teilen in ausländische Hände geraten könnte. "Was wäre dann noch deutsch an einer Deutsche-Bank-Filiale?", lautet die Frage. Genauso gut könnte man aber auch bei einer Veräußerung der Postbank an einen ausländischen Investor fragen: "Was wäre dann noch deutsch an einer Deutschen Postbank?"

Wie auch immer die Entscheidung ausfällt - an einem neuerlichen Sparkurs bei der deutschen Bank ändert weder das eine noch das andere Modell etwas. Der Stellenabbau wird das Privatkundengeschäft genauso treffen wie das Investmentbanking. Die Deutsche Bank werde gar nicht umhinkommen, zumindest mittelfristig einen Teil ihrer Filialen zu schließen, heißt es in der Branche. Dazu seien vor allem die Personalkosten in den Zweigstellen immer noch zu hoch. Würde man das Privatkundengeschäft komplett abspalten, also nur noch das Investmentbanking, die Vermögensverwaltung und den Zahlungsverkehr in einem Institut lassen, würde das allerdings gleichzeitig die Regulierungskosten senken. Und es würde so mancher Forderung nach Einführung des Trennbanken-Modells entsprechen, dessen Befürworter verhindern wollen, dass Kleinsparer für Großverfehlungen der Investmentbanker büßen.

Die Börse scheint von den Abspaltungsplänen nichts zu halten. Die Aktie der Deutschen Bank hat gestern zeitweise mehr als vier Prozent an Wert verloren. Bis zum Börsenschluss holte sie zwar noch auf, doch zum Handelsschluss gehörte das Papier mit einem Minus von 3,5 Prozent immer noch zu den größten Verlierern im Dax.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort