Frankfurt/M./Berlin Deutsche Börse lehnt "Markt 2.0" ab

Frankfurt/M./Berlin · Mit der Entscheidung gegen ein Segment für Start-ups löst die Börse Ärger aus.

Die Deutsche Börse will auf absehbare Zeit kein neues Segment für Start-ups ins Leben rufen und bringt damit die Politik gegen sich auf. "Ich bedauere diese Entscheidung und halte sie auch für falsch", sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Sie werde dazu beitragen, dass sich junge Unternehmen noch stärker in die USA orientierten. Deutschlands größten Börsenbetreiber forderte er auf, seine Entscheidung zum "Markt 2.0" zu überdenken. Gabriel wünscht sich weiter ein neues Segment: "Der Entry Standard der Deutschen Börse ist in seiner heutigen Form nicht attraktiv genug für junge Wachstumsunternehmen."

Deutsche-Börse-Vize-Chef Andreas Preuß hatte entsprechenden Forderungen der Politik zuvor eine Absage erteilt. Mit einem neuen Börsensegment lasse sich das Problem nicht lösen, dass es hierzulande zu wenig Wagniskapital gebe. Insidern zufolge fürchtet der Konzern einen Reputationsschaden, falls viele halbfertige Unternehmen an die Börse kommen und sich dort nicht gut entwickeln. Die Erinnerungen an das Desaster am "Neuen Markt" sind in Frankfurt noch sehr präsent.

Stattdessen kündigte Preuß den Aufbau einer vorbörslichen Internet-Plattform an, auf der sich junge Wachstumsfirmen und Geldgeber beschnuppern sollen. Auf der Plattform sollen sich Start-ups vorstellen und mit potenziellen Geldgebern ins Gespräch kommen. Findet ein Unternehmen auf der Plattform genügend Investoren, kann es anschließend an die Börse gehen, etwa in den Entry Standard, wo die Hürden vergleichsweise niedrig sind.

Die Deutsche Börse hat in den vergangenen Monaten in Gesprächen mit Start-up-Unternehmen und Investoren ausgelotet, wie sich mehr Kapital für junge Wachstumsfirmen mobilisieren lässt. "Die Finanzierungssituation deutscher Wachstumsunternehmen lässt sich in fünf Worten zusammenfassen: Es gibt zu wenig Wagniskapital", sagte Preuß. In der Gründungsphase bekämen sie dank öffentlicher Förderung meist noch ausreichend Geld. "Doch es fehlt an Kapital in der späteren Wachstumsphase, gerade dann, wenn Unternehmen für ein schnelles Wachstum einen größeren Kapitalbedarf haben - und der beginnt bereits in einer Größenordnung ab 20 Millionen Euro", erklärte der Vizechef der Börse. Wichtige Wachstumschancen blieben so ungenutzt oder würden stattdessen im Ausland realisiert.

(rtr)
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