Interview mit Melanie Kreis Deutsche Post will drohenden Arbeitskampf kontern

Bonn/Düsseldorf · Deutsche Post-Personalvorstand Melanie Kreis spricht im Interview mit unserer Redaktion über die Gründung von Servicefirmen abseits des Haustarifvertrages und die Gefahr von Streiks der Paketzusteller.

 Melanie Kreis spricht mit unserer Redaktion über die Ausgründung der Zusteller.

Melanie Kreis spricht mit unserer Redaktion über die Ausgründung der Zusteller.

Foto: Deutsche Post

Frau Kreis, an diesem Mittwoch will die Gewerkschaft Verdi in Düsseldorf dagegen mobilisieren, dass Sie künftige Paketzusteller in neugegründeten Firmen beschäftigen wollen. Das sei Tarif- und Mitbestimmungsflucht. Was sagen Sie dazu?

Kreis: Das ist falsch. Die neuen Firmen zahlen nach regionalen, mit Verdi vereinbarten Tarifverträgen und teilweise darüber. Sie werden auch Betriebsräte haben und wir werden das unterstützen. Aber wir wollen im Paketbereich weiter wachsen und dafür hunderte Millionen Euro investieren. Und damit wir wettbewerbsfähig sind, müssen wir uns bei den Gehältern der geplanten 10.000 weiteren Zusteller nun dem Marktniveau annähern.

Die Telekom hat vor einigen Jahren ihre T-Service mit niedrigeren Tarifkonditionen gegründet, bei Vodafone fangen seit 2014 neue Mitarbeiter in einer speziellen Servicefirma unterhalb des klassischen IG Metall-Vertrages an. Warum versuchen Sie nicht auch, andere Tarife innerhalb des Konzerns mit der Gewerkschaft zu vereinbaren?

Kreis Wir haben den Betriebsräten und damit auch der Gewerkschaft zuletzt im Dezember vorgeschlagen, eine Lösung innerhalb des Haustarifvertrages zu schaffen. Aber es gab keinen Willen, mit uns das Thema ernsthaft zu besprechen. Daher haben wir nun keine Alternative, als unsere regionalen Zustellfirmen aufzubauen.

Mit Billigtarifen?

Kreis: Mehr als die Hälfte der Kosten im Brief- und Paketbereich sind Personalkosten. Aber unsere Wettbewerber zahlen oft nicht einmal die Hälfte unserer bisherigen Gehälter im Haustarif. Wenn wir nun die regionalen Tarifverträge des Speditions- und Logistikgewerbes übernehmen, werden wir im Schnitt noch immer mindestens 12,79 Euro beim Einstieg zahlen, also deutlich mehr als den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. In einzelnen Regionen zahlen wir sogar bewusst mehr als im Tarifvertrag vereinbart, um den Abstand zum Mindestlohn zu halten.

Weniger als beim bisherigen Haustarif gibt es trotzdem.

Kreis Stimmt so pauschal nicht, denn in Nordbaden zum Beispiel zahlen wir deutlich mehr! Außerdem können die Mitarbeiter in den neuen Servicefirmen ihre Gehälter durch übertarifliche Prämien, z.B. für gute Qualität, oder die freiwillige Übernahme zusätzlicher Leistungen aufstocken.

Wer in die neue Firma wechselt, kriegt den Lohn gekürzt?

Kreis Nein, wir machen den bislang befristeten Mitarbeitern ein gutes und faires Angebot. Ihnen garantieren wir mindestens ihr derzeitiges Monatsgrundentgelt, ggf. über eine individuelle Aufstockung.

Sorgen Sie sich vor einem Streik oder lauten Protesten?

Kreis: Solche Aktionen liegen in der Verantwortung des Sozialpartners. Wir sehen dafür keine Veranlassung. Wir glauben, dass wir gute Argumente für die neuen Einstiegsgehälter haben: Wir wollen zehntausend zusätzliche Stellen aufbauen, dauerhaft sogar möglicherweise 20.000. Und wir wissen, dass viele Menschen gerne bei uns arbeiten würden: Wir zahlen gut und behandeln unsere Mitarbeiter fair. Viele Menschen haben sich darum bereits bei den neuen Firmen beworben, es werden erste Einstellungsgespräche geführt.

Könnten Sie sich noch eine firmeninterne Lösung vorstellen, um sich mit Verdi und den Betriebsräten zu einigen.

Kreis: Wir strebten ja anfangs selbst eine interne Lösung innerhalb des Haustarifvertrages an. Also würden wir uns ernsthaften Gesprächen über neue Einstiegsgehälter im Paketbereich inklusive Leistungsprämien keineswegs verweigern. Uns geht es um die langfristige Sicherheit heutiger und zukünftiger Arbeitsplätze. Wenn wir innerhalb des Haustarifvertrages für Neueinsteiger im Paketbereich deutlich günstigere Konditionen vereinbaren, könnte das eine Lösung sein.

Verdi beklagt die vielen Zeitverträge im Konzern.

Kreis In den neuen Firmen wollen wir vielen Kollegen mit derzeit befristetem Arbeitsvertrag eine neue, unbefristete Perspektive bieten. Die Verträge von 1500 Mitarbeitern in den Paketzentren entfristen wir nun zusätzlich innerhalb des Haustarifvertrages, weil wir diese Kollegen dauerhaft brauchen.

Die 43-jährige Physikerin ist seit November Personalvorstand.

Reinhard Kowalewsky führte das Gespräch.

(RP)
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